FOKUS 1-Erste Weichenstellungen für Arcandor wohl nächste Woche

Veröffentlicht am 11.06.2009, 14:33
Aktualisiert 11.06.2009, 14:36

* Gespräche mit Metro über Warenhaus-Allianz weiter auf Eis

* Metro will weiter 60 Karstadt-Häuser

* Kreise - Banken sehen Prüfung von Cook-Verpfändung gelassen

(neu: Kaufhof-Chef, Sprecher Insolvenzverwalter)

Düsseldorf, 11. Jun (Reuters) - Für den insolventen Einzelhandels- und Touristikkonzern Arcandor werden in der kommenden Woche möglicherweise die ersten Weichen für die Zukunft gestellt. "Ziel ist es, sich bis nach dem Wochenende einen ersten Überblick zu verschaffen", sagte der Sprecher des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg am Donnerstag. "Die Stabilisierung des Geschäftsbetriebs hat erste Priorität." Dazu spreche der Insolvenzverwalter derzeit mit den Führungskräften des Konzerns. "Es geht dabei auch um Liquiditätsplanung und die Beziehung zu den Lieferanten", sagte der Sprecher weiter.

Am Dienstag hatte der Konzern Insolvenzantrag gestellt, nachdem die Bundesregierung Staatshilfen abgelehnt hatte. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick will den Konzern mit seinen drei Säulen Warenhaus, Versandhandel und Touristik "als Ganzes" erhalten. Von der Pleite betroffen sind nach Unternehmensangaben 43.000 Beschäftigte ind Deutschland.

METRO BEKRÄFTIGT PLÄNE FÜR WARENHAUS-ALLIANZ

Nach der Pleite der Karstadt-Mutter liegen die Gespräche über eine Warenhaus-Allianz mit Kaufhof-Eigner Metro auf Eis. "Sollten wir im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu dem Ergebnis kommen, dass ein Verkauf von Karstadt oder eine Partnerschaft sinnvoll sein kann, wäre die Metro ein möglicher Gesprächspartner", sagte ein Arcandor-Sprecher. Doch zunächst müsse die Lage bewertet werden. Die Gewerkschaft Verdi sieht eine Allianz mit Metro allerdings skeptisch. "Wenn alle anderen Varianten schlechter sind, dann würden wir auch in diesen sauren Apfel beißen", sagte die stellvertretende Verdi-Chefin Margret Mönig-Raane am Donnerstag in Berlin.

Metro signalisierte Gesprächsbereitschaft. "Wir stehen zu unserem Angebot. Etwa 60 Karstadt-Standorte würden wir gerne übernehmen und damit auch dem Großteil der Mitarbeiter eine sichere und langfristige Perspektive bieten", sagte Kaufhof-Chef Lovro Mandac der "WirtschaftsWoche" laut einem Vorabbericht vom Donnerstag. Karstadt hat 89 Filialen. "Zudem würden wir sicherlich auch eine größere Anzahl von Mitarbeitern aus der Karstadt-Hauptverwaltung in Essen übernehmen wollen", sagte Mandac. "Wir würden uns jeden Standort einzeln näher anschauen, sobald der Insolvenzverwalter Interesse hinsichtlich der Übernahme von Karstadt-Warenhäusern durch Kaufhof signalisiert hat und uns in diesem Zuge auch Einblick in die Geschäftsunterlagen gewährt", sagte Mandac. Es gebe nur in 32 Städten Überschneidungen von Kaufhof und Karstadt.

Einen Bericht der "Welt", Arcandor wolle sich zunächst nur von 51 Prozent des Warenhaus-Portfolios trennen, wies der Arcandor-Sprecher zurück. Der vorläufige Insolvenzverwalter sei erst 24 Stunden an Bord. Es gebe überhaupt keine Festlegungen.

Während sich die Verantwortlichen in Essen Gedanken machen, wie der Konzern als Ganzes saniert werden kann, bringen sich neben der Metro weitere Interessenten für Unternehmensteile in Stellung. Für die Versandhandelsparte Primondo rund um die Traditionsmarke Quelle gibt es Regierungskreisen zufolge mehrere Interessenten aus dem In- und Ausland. Interesse hatte etwa Konkurrent Otto gezeigt, der mit seiner Tochter Sport-Scheck auch als möglicher Käufer für die Sporthäuser von Karstadt gilt.

BANKEN GELASSEN ANGESICHTS PRÜFUNG DER COOK-PFANDRECHTE

Auf die Reisetochter Thomas Cook, die fast 60 Prozent zum Konzernumsatz und annähernd 90 Prozent zum operativen Ergebnis beiträgt, hat die Rewe-Gruppe ein Auge geworfen. Seine Mehrheitsbeteiligung verpfändete Arcandor an die Banken. Cook ist von der Insolvenz ebenso unberührt wie die Spezialversender von Primondo und der TV-Shopping-Sender HSE 24.

Das von den Banken gehaltene Pfandrecht auf Cook-Aktien könnte deren schnellen Verkauf durch Arcandor verhindern. Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg prüft die Pfandrechte. "Wir wollen sehen, was die Fakten sind", bestätigte Görgs Sprecher einen Bericht der "Financial Times Deutschland". Ein Darlehen von 960 Millionen Euro eines Konsortiums um BayernLB[BAYLB.UL], Commerzbank und Royal Bank of Scotland ist mit einem 44,8-Prozent-Anteil an Thomas Cook besichert. Arcandors restliche acht Prozent an dem Reiseunternehmen stehen den Gläubigern einer Umtauschanleihe zu, die Arcandor 2008 begeben hat.

Die Banken wollten das Thomas-Cook-Paket binnen zwölf Monaten verkaufen, so die Zeitung. Der Insolvenzverwalter wolle hingegen den Arcandor-Konzern zusammenhalten, um das Gesamtvolumen für alle Gläubiger zu maximieren. In Bankenkreisen hieß es, die Banken hätten die Pfandrechte selbst schon vor deren Übernahme geprüft. Die Institute sähen in der Prüfung durch den Insolvenzverwalter kein Problem.

(Reporter: Arno Schütze, Nikola Rotscheroth, Patricia Uhlig und Matthias Inverardi, redigiert von Martin Zwiebelberg)

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