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Veröffentlicht am 08.10.2012, 20:37
Aktualisiert 08.10.2012, 20:40
Börsen-Zeitung: Problem Früherkennung, Kommentar zum

Weltwirtschaftsausblick des IWF, von Peter De Thier.

Frankfurt (ots) - Dass der Internationale Währungsfonds (IWF)

seine halbjährlich erscheinenden Prognosen zur Weltwirtschaft alle

paar Monate aktualisiert, ist spätestens seit dem Ausbruch der

globalen Finanzkrise gang und gäbe. In der Regel heißt es, man habe

bestimmte Entwicklungen unterschätzt, etwa die Folgen der Preisblase

am US-Häusermarkt, die gesamtwirtschaftlichen Folgen der Bankenkrise,

die Krise im Euroland und nicht zuletzt die Bedeutung der rasant

steigenden Staatsverschuldung in den USA.

Immer wieder wurden im Weltwirtschaftsausblick (WEO) also

Prognosen abgegeben, die aufgrund der Unzulänglichkeiten bei der

Früherkennung, die ja eigentlich zu den wichtigsten Zuständigkeiten

des Hauses gehört, schon bald danach obsolet waren. Anders ist

diesmal aber, dass der Währungsfonds vorsorglich darauf hinweist,

dass die Zahlen schon binnen weniger Wochen an Gültigkeit verlieren

könnten. Einerseits wird in diesem und dem kommenden Jahr mit einem

globalen Wachstum von mehr als 3% gerechnet. Da aber nicht

auszuschließen ist, dass die Krisenbewältigung in der Eurozone wieder

ins Stocken gerät und die Entscheidungsträger in Washington untätig

bleiben, könnte alles ganz anders kommen. Demnach könnten die

Industrieländer in eine Rezession abgleiten und das

Weltwirtschaftswachstum auf 2% sinken.

Der erstmalige Hinweis darauf, dass seine Voraussagen mit Vorsicht

zu genießen sind, zeugt einerseits von Einsicht, andererseits von den

Grenzen, die den Ökonomen in Washington gesetzt sind. Denn es sind in

der Tat unvorhersehbare politische Entwicklungen, die für die

konjunkturelle Entwicklung entscheidend sind. Darauf, ob der

Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) von den einzelnen Staaten

aktiviert wird und die angemahnten Reformen fortgesetzt werden, hat

der Währungsfonds ebenso wenig Einfluss wie auf die Situation in den

USA.

Während in Europa wenigstens Hoffnung auf Besserung besteht, ist

in den USA die Gefahr deutlich größer, dass wegen der politischen

Blockade in Washington zum Jahresende automatische Steuererhöhungen

und Ausgabenkürzungen die Konjunktur abwürgen - die gefürchtete

sogenannte 'fiskalische Klippe'. Bis zur US-Wahl ist ein neues Gesetz

zur Verlängerung der Steuererleichterungen und Verhinderung des

Stimulusentzugs praktisch ausgeschlossen. Ob es danach einen

Kompromiss geben kann, ist fraglich. So oder so könnte noch rascher

als sonst der Währungsfonds gezwungen sein, seine Prognosen nach

unten zu korrigieren. Wenigstens dies hat er frühzeitig erkannt.

(Börsen-Zeitung, 9.10.2012)

Originaltext: Börsen-Zeitung

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