(Berichtigung: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, das Ampel-Vorhaben zum Ausgleich der kalten Progression sei bereits vom Bundestag beschlossen. Das ist falsch. Es gibt bislang nur eine Einigung zwischen SPD, Grünen und FDP. Es muss daher heißen, das Gesetz zum Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer und zur Erhöhung des Kindergeldes soll noch vor der Neuwahl im Bundestag beschlossen werden.)
BERLIN (dpa-AFX) - Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz erwartet, dass die SPD bis zur Bundestagswahl noch weiter aufholt. "Ich habe damit genau so gerechnet", sagte er im Podcast des Newsletter-Formats "Table.Briefings". Am Ende werde die SPD wahrscheinlich "eine zwei vorne stehen haben". Die Sozialdemokraten hatten in jüngsten Wahlumfragen um etwa zwei Punkte auf 16 bis 17 Prozent zugelegt, die Union auf 31 bis 32 Prozent leicht verloren.
Die Sozialdemokraten hätten unter den Streitereien der letzten Monate am meisten gelitten, mit dem Absturz auf 14 Prozent seien sie "weit unterhalb des Kernpotenzials" gewesen, erläuterte der CDU-Vorsitzende und Chef der Unionsfraktion. Das Potenzial der Union verorteten die meisten Umfrageinstitute eher bei 40 als bei 30 Prozent. Sie habe ihre Kernwählerschaft weitgehend hinter sich. "Wir müssen jetzt aus der Stammwählerschaft heraus versuchen, die Wechselwähler zu erreichen", erläuterte Merz.
An seinem Kurs gegenüber den Grünen will er festhalten, obwohl CSU-Chef Markus Söder ein Bündnis mit ihnen ausschließt. Söder habe in Bayern mit den Freien Wählern eine harte Konkurrenz, die jede Gelegenheit suche, die Grünen zu attackieren. Deshalb könne er Söder "sehr gut verstehen", sagte Merz.
Trotzdem halte er mit seiner "gesamtstaatlichen Perspektive" an der Linie fest, dass die Parteien der Mitte einschließlich der Grünen "selbstverständlich kooperationsfähig und am Ende des Tages auch koalitionsfähig bleiben" müssten.
In der Bewertung der bisherigen grünen Wirtschaftspolitik sei er sich mit Söder aber einig: "Wer nicht bereit ist, den Politikwechsel in der Wirtschaftspolitik mitzumachen, der kommt für uns als Koalitionspartner nicht in Frage."
Was sagt Merz zur Kritik am Wahlprogramm?
Im Wahlprogramm verspricht die Union, sich in einer neuen Koalition unter anderem für Steuerentlastungen und eine Senkung der Energiekosten einzusetzen. Sozialdemokraten und Grüne bemängeln unzureichende Aussagen zur Finanzierung. SPD-Chef Lars Klingbeil sagte im ARD-Bericht aus Berlin": "Das hat ungefähr ein Volumen von 100 Milliarden jährlich, also eine Legislatur 400 Milliarden. Es steht aber kein einziger Vorschlag drin, wie das gegenfinanziert werden kann."
Merz hielt in derselben Sendung dagegen: "Das ist sehr seriös, weil wir die Gegenrechnung machen", sagte er. "Wir weisen darauf hin, dass allein ein Prozent (Wirtschafts-)Wachstum - und das ist die Untergrenze dessen, was wir erreichen müssen - zehn Milliarden Euro höhere Staatseinnahmen bedeuten."
Außerdem seien die Kosten für das Bürgergeld explodiert und beliefen sich inzwischen auf fast 50 Milliarden Euro. "Wir werden dieses System Bürgergeld vom Kopf auf die Füße stellen, da werden sich zweistellige Milliardenbeträge einsparen lassen", fügte er hinzu.
Hilft Merz den Ampel-Parteien bei der kalten Steuer-Progression?
Die aktuellen Steuerentlastungen der alten Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP etwa durch Minderung der sogenannten kalten Progression will Merz nicht dadurch unterstützen, dass er etwa auf die Unionsministerpräsidenten einwirkt.
Das Gesetz zum Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer und zur Erhöhung des Kindergeldes soll noch vor der Neuwahl im Bundestag beschlossen werden. Die FDP will dem gemeinsam mit der Minderheitskoalition von SPD und Grünen zustimmen. Im Bundesrat ist aber auch die Zustimmung der unionsgeführten Länder nötig, damit es in Kraft treten kann.
"Es sind gerade nochmal fünf Tage Zeit, wofür die Bundesregierung drei Jahre Zeit gebraucht hat und sich nicht einigen konnte", sagte Merz. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse nun mit den Ländern sprechen: "Denn das, was er hier verspricht, muss zu über der Hälfte von den Ländern und den Gemeinden in Deutschland bezahlt werden.