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FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Ein negativer Kommentar von Merrill Lynch zum Fernseh-Werbegeschäft hat am Donnerstag die Bedenken vieler Anleger der Medienkonzerne ProSiebenSat.1 (0:PSMd) und RTL (14:AUDKt) verstärkt. Adrien de Saint Hilaire, Analyst bei der Investmentbank, sorgt sich wegen des beschleunigten Trends hin zu Online-Video-Angeboten um den Anteil von TV-Anbietern am gesamten Werbekuchen und rät, die Finger von den Aktien europäischer TV-Konzerne zu lassen.
Die Papiere von ProSiebenSat.1 fielen am Vormittag um 5,68 Prozent auf 14,44 Euro und die RTL-Anteile knickten um 5,13 Prozent auf 45,48 Euro ein. Damit waren sie unter den größten Verlieren im Index der mittelgroßen Werte MDax (MDAX). Analyst de Saint Hilaire hatte zuvor das Kursziel für ProSieben auf 14 Euro und das für RTL auf 44 Euro gekappt. Er sieht also mittelfristig weitere Kursrisiken und stufte beide Papiere von "Neutral" auf "Underperform" ab.
Nachdem der Anteil des klassischen Fernsehens am gesamten Werbekuchen seit 2012 bei in etwa 30 Prozent recht stabil geblieben sei, dürfte er bis 2025 auf nur noch rund 20 Prozent sinken, erklärte der Experte. Ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung sei die Demografie. So steige der Anteil der Menschen, die mit dem Internet aufgewachsen und in der digitalen Welt "zu Hause" seien immer weiter. Zudem steckten TV-Anbieter derzeit viel Geld ins Online-Geschäft, um sich breiter aufzustellen. Das belaste aber die Gewinnmargen, da die Renditen hier geringer.
ProSiebenSat.1 und RTL mussten zuletzt im traditionellen Geschäft mit TV-Werbung immer wieder Abstriche hinnehmen. Sie bekommen dabei auch die Konkurrenz durch Videostreaming-Anbieter wie Netflix (2:NFLX), Amazon (2:AMZN) und Youtube zu spüren. Beide MDax-Konzerne stecken weiter viel Geld in Wachstumsfelder wie Internetportale und Streaming-Plattformen.
Auch um die Investitionen zu stemmen, hatte etwa ProSiebenSat.1 gegen Ende 2018 die Dividende gekappt. Die Aktien hatte ihre Talfahrt daraufhin nochmals beschleunigt. Anfang 2019 fanden sie dann erst einmal bei 13,90 Euro ihr - zumindest vorläufiges - Zwischentief. Weniger hatten sie zuletzt vor mehr als sieben Jahren gekostet.
Seit ihrem Rekordhoch von fast 51 Euro Ende 2015 haben die ProSieben-Papiere mehr als 70 Prozent ihres Wertes verloren. Für RTL sieht es nur wenig besser aus. Die Anteilsscheine fielen im gleichen Zeitraum um rund 45 Prozent.