NEW YORK (dpa-AFX) - Die Hohe See gehört zu keinem Staat, kann aber von allen Staaten genutzt werden. Zwar gibt es einzelne internationale und regionale Verträge zu Fischerei, Schifffahrt und Tiefseebergbau, aber keine umfassenden Regeln zum Nutzen oder Schutz der Meere. Das soll jetzt anders werden. Mit einem Abkommen wollen die Vereinten Nationen etwa Meeresschutzgebiete schaffen, um schädliche menschliche Eingriffe in den Gewässern zu verhindern, die schon unter dem Klimawandel und einer Versauerung des Wassers durch die Aufnahme von Kohlendioxid aus der Erdatmosphäre leiden.
"Man sieht immer mehr, wie technische Möglichkeiten die Hohe See leichter zugänglich machen, und dadurch wächst das Potenzial für menschliche Einflüsse", erklärt Elizabeth Wilson, die bei der Pew-Stiftung für internationale Meerespolitik verantwortlich ist. "Ich denke, die Menschen sehen langsam, dass es an der Zeit ist, das Problem anzugehen und ein umfassenderes System zu entwickeln", sagt Wilson. Technologien ermöglichten es den Menschen, auf Hoher See Raketen zu starten, Sonnenkollektoren zu errichten oder Energie aus Wasserkraft zu gewinnen. All diese Tätigkeiten seien bislang nicht geregelt.
Delegierte aus 83 Ländern trafen sich deshalb jüngst bei der UN in New York, um erstmals ein Vertragswerk für die internationalen Gewässer auf den Weg zu bringen. Wilson, die als Vertreterin einer Nichtregierungsorganisation an den UN-Gesprächen teilnahm, fand das Treffen sehr produktiv, da die einzelnen Länder konkrete Probleme zur Lösung vorgelegt hätten. "Ich denke, wir haben einen guten Anfang gemacht", sagt sie.
Das findet auch Lisa Speer von der Nichtregierungsorganisation Natural Resources Defense Council, bei der sie für internationale Gewässer verantwortlich ist. Speer setzt sich seit zehn Jahren für ein solches Abkommen ein und sagt, dass seine Befürworter das Dokument gerne im nächsten Jahr fertigstellen würden. Bis dahin müssten die Verhandlungspartner aber noch einige Dinge klären, wie etwa die Nutzung von Meeresorganismen für das Wohl des Menschen oder die Mechanismen zur Einrichtung von Meeresschutzgebieten. Man müsse auch entscheiden, wer die ökologische Begutachtung der Hochseegebiete vornehmen soll.
"Ich sehe bislang keine Hindernisse", sagt Speer. "Das alles scheint möglich zu sein, was nicht heißt, dass es einfach sein wird. Aber ich denke, wir werden es schaffen."
Auch der Vorsitzende des Vorbereitungskomitees, Eden Charles, sieht der Aufgabe gelassen entgegen. "Wir wollen das Rad nicht neu erfinden", erklärte der UN-Gesandte des karibischen Inselstaates Trinidad und Tobago Reportern vor dem Treffen. Das neue Abkommen werde bereits existierende Regelwerke zu Fischerei und Bergbau nicht unterminieren. "Wo es bereits eine gesetzliche Regelung gibt [...], werden wir nicht eingreifen", versicherte er.
Die nächsten Verhandlungen sollen im September stattfinden, zwei weitere Treffen sind für 2017 geplant.