Ende letzten Jahres veröffentlichte das Investor Education Centre eine Studie über die Anleger in Hongkong. Die Untersuchung basierte sowohl auf quantitativen Umfragen mit mehr als tausend Befragten als auch auf qualitativen Interviews mit Fokusgruppenpanels.
Eine der Schlagzeilen ist, dass die Beteiligung von Kleinanlegern am Markt nach wie vor extrem hoch ist. Etwa drei von fünf Erwachsenen in Hongkong haben im vergangenen Jahr eine Investition getätigt; die Hälfte dieser Investitionen erfolgte an der Börse.
Um das mal in ein extremes Verhältnis zu setzen: In Indien investierten nur geschätzt 2 % der Bevölkerung in Aktien.
Das sind besonders gute Nachrichten, wenn man die langfristigen Renditen verschiedener Anlageklassen in Hongkong ansieht. Mein Kollege Hayes Chan hat die langfristigen Renditen von Aktien, Anleihen, Bargeld und Immobilien bis ins Jahr 1980 zurück untersucht. Aktien beherrschten das Feld und schlugen sogar Grundeigentum.
Zeitraum | Hong Kong Wohnpreisindizes | Hang Seng Index (INDEX: ^ HSI) |
1. Januar 1980 | 19,9 | 889 |
31. Dezember 2017 | 352,8 | 29920 |
Rendite über den gesamten Zeitraum | 1673 % | 3266 % |
annualisierte Rendite | 8,08 % | 9,97 % |
Vermietung / Dividendenrendite | 2,62 % | 2,98 % |
annualisierte Gesamtrendite | 10,70 % | 12,95 % |
Nicht alle Nachrichten boten jedoch Grund zum Feiern. Hier sind vier der beunruhigenderen Dynamiken, die dabei deutlich wurden.
1. Die Haltedauer der Investitionen ist nicht lang genug Die in der obigen Tabelle zitierten Renditen sind langfristige Renditen, die von Investoren erzielt werden, die über Jahrzehnte hinweg Aktien besitzen. Aber so investieren nicht viele. Im IEC-Bericht heißt es: „Die Investoren haben im Aktienhandel einen Anlagehorizont von weniger als einem halben Jahr.“
Ein halbes Jahr ist fast nie genug Zeit für ein Unternehmen, um zu sich gut entwickeln oder zu scheitern. Dasselbe gilt auch für Investmentthesen.
Die Anleger in Hongkong neigen dazu, Blue Chips länger zu halten – „durchschnittlich 3,3 Jahre“ –, was gut ist, aber die Umfrage zeigt auch, dass ein Fünftel der Anleger bereits am ersten Handelstag neue IPOs verkauft hat.
2. Die Voreingenommenheit des Hongkonger Heimatmarktes ist stärker als an anderen Börsen Fast alle Anleger in Hongkong kaufen Aktien, die im HKEX-Mainboard gelistet sind. Etwa die Hälfte kauft die spekulativeren Wachstumswerte im Growth Enterprise Market, kurz GEM.
Aber die Verzerrung des Heimatmarktes ist eindeutig: Nur 3 % der Investoren kaufen Aktien außerhalb von Hongkong und dem chinesischen Festland.
Diese Zahl ist dramatisch niedriger als das, was andere veröffentlichte Studien in anderen Märkten gezeigt haben. Vanguard hat dieses Problem in fünf bedeutenden Märkten auf der ganzen Welt gemessen:
Land | Globale Indexgewichtung | Inlandsaktien |
USA | 50,9 % | 79,1 % |
UK | 7,2 % | 26,3 % |
Australien | 2,4 % | 66,5 % |
Japan | 7,2 % | 55,2 % |
Kanada | 3,4 % | 59 % |
Der Blick über die Grenzen Hongkongs hinaus sorgt natürlich für Diversifizierung – aber er eröffnet auch lokalen Investoren Chancen auf einige der besten Unternehmen der Welt, die an anderen Märkten gehandelt werden. Nicht alle dieser Aktien sind für Hongkong-Anleger leicht zugänglich, aber bei bestimmten Brokern sind viele in den USA notierte Aktien leicht verfügbar.
3. Governance-Probleme werden ignoriert Wenn du in eine Aktie investierst, wirst du Teilhaber dieses Unternehmens. J. Paul Getty hat es so ausgedrückt: „Aktienzertifikate sind Eigentumsurkunden von Wirtschaftsunternehmen und keine Wettscheine.“
Leider teilen lokale Investoren in Hongkong diese Einschätzung nicht. Nur 16 % der HK-Investoren haben jemals einen Bevollmächtigten in einem Unternehmen gewählt, das sie besitzen. Nur 1 % haben dreimal oder häufiger abgestimmt.
Hier sind die Gründe, warum bei hier ein tiefes Gefühl der Machtlosigkeit und des Unverständnisses vorherrscht.
- 58 % sagen, sie stimmen nicht ab, weil das „Stimmrecht der Kleinaktionäre nicht ausreicht, um einen Unterschied zu machen“.
- 40 % sagen, dass sie nicht wissen, wie man abstimmt.
- 35 % sagen, dass sie nicht wussten, dass Minderheitsaktionäre überhaupt eine Stimme haben.
- 22 % sagen, dass „die Handlungen eines Unternehmens nichts mit mir zu tun haben“.
4. Hongkonger Investoren erwarten eine durchschnittliche Rendite von 19 % … pro Jahr Die Erwartungen des Hongkonger Investoren an die zukünftige Rendite werden wahrscheinlich zu Enttäuschungen führen, wenn man sich an die Maxime „Glück entspricht Erwartungen minus Realität“ hält.
Laut IEC-Bericht erzielten lokale Investoren selbst gemeldete Renditen von durchschnittlich 13 %. Das ist ziemlich gut im Vergleich zu den langfristigen Durchschnittsrenditen aus aller Welt. Doch selbst 13 % werden enttäuschend sein, wenn man 19 % pro Jahr erwartet.
Fast die Hälfte – 44 %, um genau zu sein – der Investoren, die an der Umfrage teilgenommen haben, erwarten Renditen von 20 % und mehr pro Jahr.
Noch größer ist die Diskrepanz, die zwischen den Erfolgen von Investmentfonds und den Erwartungen der Anleger liegt. Um den IEC-Bericht zu zitieren: „Trotz des wahrgenommenen mittleren/niedrigen Risikoniveaus der Fonds erwarteten über 40 % der Anleger 20 % oder mehr jährliche Renditen aus der Fondsanlage“. (Viel Glück, HK-Fondsmanager!)
Betrachte noch einmal die Tabelle oben, die mein Kollege Hayes Chan zusammengestellt hat. Aktien schlagen langfristig jede andere Anlageklasse, auch Immobilien. Aktien-Anleger sollten höhere Renditen erwarten, allerdings den realistischen Blick auf die Fakten nicht verlieren.
Dieser Beitrag erschien zum ersten Mal auf unserer Schwesterseite, Fool.hk.
Dieser Artikel wurde von Brian Richards auf Englisch verfasst und am 19.10.2018 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.