- von Kiyoshi Takenaka und Mari Saito
Tokio (Reuters) - Das Leben von Carlos Ghosn war in den vergangenen Jahren eine einzige Reise um die Welt.
Und wenn der Architekt der Allianz (DE:ALVG) der Autobauer Nissan (T:7201), Renault und Mitsubishi (T:7211) doch mal ein wenig Zeit hatte, konnte er zum Beispiel opulent essen gehen. Jetzt muss er sich umstellen. Ghosn sitzt unter anderem wegen des Verdachts auf Untreue im Tokyo Detention Center. Dort geht es, wie in Gefängnissen üblich, eng und spartanisch zu: Die Zellen sind 4,8 Quadratmeter groß, die Toilette am Ende eingerechnet. Viele sind mit den traditionellen japanischen Strohmatten und Futon-Betten ausgestattet, andere auch mit Betten nach westlichem Standard, berichtet ein Reuters-Reporter, der sich dort umgesehen hat.
Das hochhausähnliche Tokyo Detention Center im Osten der japanischen Hauptstadt stand in diesem Jahr schon einmal im Mittelpunkt des Interesses: als der verurteilte Gründer der Aum-Sekte für seinen Giftgasanschlag auf die Tokioter U-Bahn aus dem Jahr 1995 erhängt wurde.
ORDENTLICH UND SAUBER - ABER KALT
"Es muss nicht bequem sein, das ist schließlich kein Hotel", sagt Professor Yasuyuki Deguchi von der Tokyo Future University. "Aber es ist ordentlich, hygienisch und sauber." Heizungen sind in den Zellen nicht erlaubt - aus Angst, die Gefangenen könnten sich dran aufhängen. "Um diese Jahreszeit ist es ziemlich kalt", twitterte der Internet-Unternehmer und verurteilte Betrüger Takafumi Horie. Aus dem gleichen Grund sind Gürtel, Halstücher und lange Unterhosen verboten, wie der ehemalige Hochschullehrer Tsutomu Nakamura berichtet. Auch ein Fernsehgerät oder ein Radio fehlen. Untersuchungshäftlinge dürfen nicht einmal Laptops oder Handys benutzen.
Auf eine Vorzugsbehandlung dürfe Ghosn nicht hoffen, sagt Professor Nakamura. "Jeder wird gleich behandelt, sogar ein Ministerpräsident." Der 64-jährige Ghosn war am Montag verhaftet worden. Nach japanischem Recht kann er ohne eine formale Anklage bis zu 23 Tage festgehalten werden. Nissan wirft ihm vor, Geld, das dem Unternehmen gehört, für private Zwecke verwendet zu haben, und im Zusammenspiel mit Vorstandsmitglied Greg Kelly fünf Jahre lang seine im Geschäftsbericht ausgewiesenen Bezüge zu niedrig angegeben zu haben. Auch Kelly sitzt in Haft. Ghosn hat sich zu den Beschuldigungen bisher nicht geäußert.
Tägliches Duschen ist nicht vorgesehen. Essen wird in den typisch japanischen Holzkästchen ("Bento") ausgegeben - viel Abwechslung gibt es dabei nicht, wie Hideto Ninomiya sagt, ein Strafverteidiger, der die Anstalt vor drei Monaten besucht hat. Besuche von der Familie und von Freunden sind auf 15 Minuten pro Tag beschränkt. Die Einsamkeit in den Einzelzellen zermürbe vor allem die Häftlinge aus der Oberschicht, die wegen Wirtschafts-Straftaten einsitzen, sagt Strafverteidiger Ninomiya. "Sie halten das nicht aus, und das treibt sie zu einem Geständnis."