Bei dem zweitgrößten Sportartikelhersteller der Welt Adidas (WKN: A1EWWW) lief es in den letzten Jahren nicht rund. Der Umsatz lag im Jahr 2022 niedriger als 2019, der Gewinn stürzte ab. Auch im laufenden Jahr erwartet der neue CEO Bjørn Gulden wenig Besserung. Der Umsatz soll weiter schrumpfen und ein Verlust anfallen. So kann es nicht weitergehen. Ein erster Schritt zur Besserung könnte die diese Woche bekannt gewordene neue China-Strategie sein.
Die Entwicklung von Adidas in China
Bevor wir die neuen Pläne beleuchten, möchte ich gerne kurz auf das bisherige Geschäft von Adidas in China schauen. Seit mehr als 20 Jahren verkauft der Konzern seine Produkte in China. Im Jahr 2010 betrug der Umsatz in China bereits 1 Mrd. Euro – dies entsprach 8 % der Gesamtumsätze im Konzern. 2015 waren es 2,5 Mrd. Euro (15 % der Gesamtumsätze) und in 2017 betrug der Umsatz in China 3,8 Mrd. Euro (18 % Umsatzanteil). Im Jahr 2019 lag der Umsatz schließlich bei 5,4 Mrd. Euro (23 % Umsatzanteil).Dann setzten zwei Entwicklungen ein. Zum einen begann die Corona-Pandemie mit all den bekannten Auswirkungen. Zum anderen entschloss sich Adidas zusammen mit weiteren westlichen Unternehmen wie Nike (NYSE:NKE) und H&M, keine Baumwolle mehr aus Xinjiang zu beziehen, weil sie vermuteten, dass die dort lebenden Uiguren politisch verfolgt werden. Dies wurde von den (politisch gesteuerten) Medien in China großem Stil aufgefasst. Boykott-Aufrufe der Unternehmen folgten.
Diese zeigten Wirkung. Während chinesische Konkurrenten wie Anta Sports sich prächtig entwickelten, schwächeln die Umsätze von Adidas seitdem in China. Im Jahr 2022 betrug der Umsatz in China „nur noch“ 3,2 Mrd. Euro (14 % Umsatzanteil) – ein Rückgang von 41 % im Vergleich zu 2019.
Die neuen Pläne für das China-Geschäft
Eine Umkehr dieser Entwicklung habe eine „Top-Priorität“ für den neuen CEO, auch weil die Margen in China höher seien. Entsprechend interessant finde ich, was der Verantwortliche für das China-Geschäft Adrian Siu diese Woche in der Financial Times zu sagen hatte. Er erläutert, dass chinesische Kunden zunehmend patriotisch und bedacht auf die chinesische Kultur seien. Als Reaktion darauf möchte Adidas mehr Produkte lokal designen und dabei traditionelle chinesische Elemente mit internationalem Produktdesign zusammenführen. Bis 2024 soll mindestens 30 % der in China verkauften Kleidung lokal designt sein.Darüber hinaus soll ein größerer Teil der Produktion nach China verlagert werden, um schneller auf Trends reagieren zu können. Bisher wird ein Großteil der Waren in Südostasien zu günstigeren Konditionen gefertigt. Außerdem sollen mehr Kooperationen mit chinesischen Sportlern eingegangen werden, um Marktanteile bei chinesischen Konsumenten zurückzugewinnen.
Mein Fazit zu den China-Plänen und der Adidas-Aktie (ETR:ADSGN)
Ich finde die angekündigte Ausrichtung von Adidas wirklich interessant. Meinem Eindruck nach hat sich Adidas die Finger verbrannt, nachdem sie angekündigt haben, dass sie keine Baumwolle mehr aus Xinjiang beziehen werden. Nun bemüht man sich um Wiedergutmachung in China und wandert dabei auf einem schmalen Grat zwischen den Interessen Chinas und westlicher Erwartungshaltung.Vor diesem Hintergrund finde ich die Pläne vernünftig und bin gespannt, ob Adidas in China so an die Erfolgsgeschichte der Jahre bis 2019 anknüpfen kann. Doch auch in den anderen Märkten lief es zuletzt weniger gut – auch weil meinem Eindruck nach in den letzten Jahren zu viel Wert auf Financial Engineering und zu wenig Wert auf Markenstärke gelegt wurde. Ich traue dem neuen CEO einen Turnaround zu – gerade, weil er bei seinem vorherigen Arbeitgeber Puma (ETR:PUMG) in meinen Augen einen extrem guten Job gemacht hat.
Sollte dieser Turnaround gelingen, kann sich die Adidas-Aktie verdoppeln und somit ihr Allzeithoch aus dem Jahr 2021 erreichen. Schließlich notiert die Aktie bezogen auf den Gewinn aus 2019 bei einem KGV von 16. Bevor ich bei der Adidas-Aktie zuschlage, möchte ich jedoch erste Erfolge sehen.
Der Artikel Adidas-Aktie: Kann die neue China-Strategie der Aktie zu alten Hochs verhelfen? ist zuerst erschienen auf Aktienwelt360.
Hendrik Vanheiden besitzt Aktien von Adidas und Puma. Aktienwelt360 empfiehlt Aktien von Nike.
Aktienwelt360 2023