FRANKFURT (dpa-AFX) - Das Übernahmeangebot von XXXLutz für den Online-Möbelhändler Home24 (ETR:H24) hat am Donnerstag nicht nur das Objekt der Begierde selbst befeuert. Während sich der Aktienkurs der Berliner Firma mehr als verdoppelte, schossen auch viele andere Branchenwerte im Sog nach oben. "Die Investoren dürften nunmehr auf Kaufofferten auch für andere kleinere Unternehmen hoffen", sagte ein Marktbeobachter. Denn wie Home24 leiden auch viele andere Online-Händler unter dem aktuell schwierigen konjunkturellen Umfeld und mieser Verbraucherstimmung.
Home24 kletterten im morgendlichen Handel in der Spitze um 126 Prozent auf knapp 7,53 Euro, womit das Papier kurzzeitig über dem Angebot des österreichischen Möbelriesen lag: XXXLutz ist bereit, 7,50 Euro je Aktie auf den Tisch zu legen, wobei die Home24-Führung das Angebot bereits unterstützt. Zuletzt fiel der Home24-Kurs etwas darunter und notierte bei 7,43 Euro.
Papiere des engsten Konkurrenten Westwing profitierten von den Nachrichten und verteuerten sich zeitweise um rund ein Fünftel, dabei zogen sie über die 50-Tage-Linie für den mittelfristigen Trend. Auch Werte im erweiterten Online-Sektor entwickelten sich stark, Anteilsscheine am Taschenversender Fashionette etwa, sowie Papiere des Brillenspezialisten Mister Spex und von Bike24 .
Im Dax ging es derweil für Zalando (ETR:ZALG) an der Index-Spitze um rund dreieinhalb Prozent nach oben, während sich im MDax Anteilsscheine am Essenslieferanten Delivery Hero (ETR:DHER) und am Kochboxenversender Hellofresh (ETR:HFGG) jeweils um rund zwei Prozent verteuerten.
Die Branchenexperten von Alsterresearch empfahlen Anlegern in einer ersten Reaktion, das Angebot anzunehmen. Sie passten das Kursziel auf die Höhe der Offerte an. Da sich XXXLutz bereits 60 Prozent gesichert habe, erscheine ein höheres Gegenangebot oder ein Bieterwettstreit und damit ein höherer Angebotspreis unwahrscheinlich, lautet das Argument der Analysten.
Catharina Claes von der Privatbank Berenberg sieht in der Übernahme viel Positives für Home24. Das Unternehmen strebe nach Stabilität und Sicherheit und lasse sich auf den Deal ein, um seine Marktposition weiter zu stärken und auszubauen, schrieb die Expertin. Dabei hob sie hervor, dass auch XXXLutz die Wachstumsstrategie des Home24-Vorstands voll unterstütze. "Wir gehen davon aus, dass Home24 weiterhin als unabhängiger reiner E-Commerce Anbieter unter der Leitung desselben Managements agieren wird", ergänzte Claes. Wichtige Marken und Standorte dürften beibehalten und gestärkt werden.
Für Jefferies-Analyst Henrik Paganetty kommt die Übernahme indes wenig überraschend. Dass Unternehmen zusammengehen, sei angesichts der schwierigen Verhältnisse in den Bereichen Onlinehandel und Wohnen nur verständlich. Langfristig hält er das Potenzial der Geschäftsfelder aber für ungebrochen hoch.
Home24 wurde 2009 gegründet und 2018 vom Startup-Inkubator Rocket Internet (ETR:RKET) zu 23 Euro je Aktie an die Börse gebracht. Kurz nach dem Börsengang zog der Kurs bis auf knapp 32 Euro an, bevor er stark abstürzte. Im März 2020 kostete ein Papier gerade noch um die zweieinhalb Euro. Rückenwind brachte kurz die Pandemie, als der stationäre Handel geschlossen blieb und der Rückzug der Menschen in die eigenen vier Wände auch den Wunsch nach Verschönerung mit sich brachte: Im Februar 2021 schaffte es die Aktie noch einmal bis auf ein Zwischenhoch bei 26,86 Euro - doch von da an ging es kontinuierlich abwärts.
Wie viele andere Online-Händler trifft auch Home24 derzeit die Zurückhaltung der Verbraucher, die angesichts Inflation, Energiekrise und Ukraine-Krieg nur das Nötigste ausgeben. Der europäische Branchenindex für Einzelhändler, Stoxx Europe 600 Retail, liefert sich mit dem Immobilienwerte-Index ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die rote Laterne für 2022. Beide liegen im laufenden Jahr deutlich über 40 Prozent im Minus.
Mit der XXXLutz-Offerte wird Home24 nun mit knapp 230 Millionen Euro bewertet. Die Marktkapitalisierung betrug gemessen am Xetra-Schlusskurs vom Mittwoch dagegen gerade mal noch etwas mehr als 100 Millionen Euro. Mit den aktuellen Kursgewinnen reduziert sich der Verlust der Anleger seit dem Jahreswechsel zwar erheblich, dennoch beträgt das Minus noch rund 36 Prozent.