FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Aktionäre von Wirecard (4:WDIG) haben am Montag nach ausführlichen Äußerungen des Zahlungsabwicklers zu den wiederholten Vorwürfen der "Financial Times" von vergangener Woche erst einmal durchgeatmet. Die Erklärungsoffensive beruhigte sie ein Stück weit. Der Aktienkurs schnellte am frühen Nachmittag um 22 Prozent auf 132,35 Euro nach oben und erholte sich damit teilweise vom Einbruch der vergangenen Woche.
Am Mittwoch war der Kurs nach einem ersten Bericht über angebliche Unregelmäßigkeiten in Singapur zunächst um gut 13 Prozent abgestürzt. Nach einer Stabilisierung am Donnerstag war er am Freitag nach einem neuerlichen Bericht der Zeitung dann um ein Viertel eingebrochen.
Wirecard sieht die Vorwürfe zu den Geschäften in Singapur als unbegründet an. Die externe Anwaltskanzlei Rajah & Tann habe bis heute keine Beweise für die Vorwürfe festgestellt, sagte Vorstandschef Markus Braun am Mittag in einer Telefonkonferenz. Er rechne in Kürze mit einem Abschluss der Ermittlungen, deren Ergebnisse man dann veröffentlichen wolle. Mit materiellen Folgen rechnet der Top-Manager nicht.
"Die 'FT' hätte ihre Vorwürfe komplett in einem einzigen Artikel publizieren sollen", sagte Analyst Gerardus Vos von der Barclays (LON:BARC) Bank, nicht scheibchenweise möglicherweise rechtlich relevante Informationen in den Markt "tröpfeln" lassen und damit starke Kursausschläge auslösen. Die Vorwürfen selbst wolle er gar nicht beurteilen, weil ihm dafür die notwendigen Daten fehlten.
Analyst Wolfgang Specht vom Bankhaus Lampe hatte die Vorwürfe der "FT" unbegründet genannt. Der Journalist der Zeitung habe in den vergangenen Jahren bereits ähnliche Anschuldigungen gegen das Unternehmen erhoben. Auf diese habe der Aktienkurs mit Verlusten reagiert, diese jedoch in der Folgezeit wieder aufgeholt. Mit einer solchen Reaktion rechnet Specht auch dieses Mal.
Dafür haben die Papiere aber noch einiges gut zu machen: Um wieder das Niveau von vor den Zeitungsberichten zu erreichen, müsste sich der Kurs um weitere rund 27 Prozent erholen. Mit dem Kurseinbruch in der vergangenen Woche waren mehr als 7 Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet worden.
Mit Blick auf die fundamentale Lage des Unternehmens hatten Analysten zuletzt vielfach die intakten Wachstumsaussichten des Zahlungsabwicklers betont. Negative Reaktionen auf die Vorwürfe wie eine Abstufung der Aktie oder gesenkte Kursziele blieben weitgehend aus. Viele Experten raten bei den Papieren unverändert zum Kauf. Ihre Kursziele liegen meist über 200 Euro und damit weit über dem gegenwärtigen Kurs.