FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein umfangreicher Verkauf von Schaeffler-Aktien zum vermeintlichen Schnäppchenpreis hat am Dienstag viele Anteilseigner des Autozulieferers vor den Kopf gestoßen. Auch die Nachricht über den nun erwarteten Aufstieg in den MDax der mittelgroßen Konzerne konnte kaum beschwichtigen. Die Papiere büßten gegen Mittag im sehr schwachen Gesamtmarkt 5,50 Prozent auf 13,145 Euro ein. Zeitweise waren sie bis auf 12,80 Euro abgesackt und notierten damit nur noch 30 Cent über ihrem Ausgabepreis beim Börsengang im Oktober 2015.
Die Schaeffler Verwaltungs GmbH hat sämtliche noch gehaltenen Vorzugsaktien der Schaeffler AG verkauft; das Paket entsprach 14,2 Prozent des Grundkapitals der Aktiengesellschaft. Händlern zufolge wurden die Papiere für 13,10 bis 13,50 Euro institutionellen Investoren angeboten - der Zuschlag erfolgte letztlich bei 13,10 Euro. Mit den eingenommenen 1,24 Milliarden Euro sollen Schulden abgebaut werden.
'KURSABSCHLAG SEHR GROSS'
"Der Abschlag ist im Vergleich zum gestrigen Schlusskurs von 13,91 Euro schon sehr groß gewesen", kommentierte Händler Andreas Lipkow von Kliegel & Hafner. "Das zeigt, wie schwierig die Platzierung im beschleunigten Bookbuilding-Verfahren gewesen ist." In einem solchen Orderbuch-Verfahren wird zunächst die Preisvorstellung der potenziellen Investoren ermittelt und dann eine Preisspanne und ein kurzer Zeichungszeitraum vorgegeben, in dem Interessenten bieten können. Am Ende der Frist wird entschieden, welche Bieter die Aktien zu welchem Preis erhalten.
Aus Kreditsicht sei die Platzierung in jedem Falle positiv und komme letztlich nicht überraschend, sagte Credit-Research-Analyst Gerhard Wolf von der Landesbank Baden-Württemberg. Das Kreditprofil der Holding, das durch die hohe Bewertung der Beteiligung am Reifenhersteller Continental (XETRA:CONG) sowie dem Anteil an der Schaeffler AG zudem bereits "attraktiv gepreist" sei, werde dadurch weiter verbessert.
MEHR PAPIERE FREI HANDELBAR
Interessant ist der Schritt laut Wolf darüber hinaus auch für die Aktiengesellschaft, da nun weitaus mehr Papiere frei handelbar seien. "Auch wenn der Aktienkurs aktuell unter Druck geraten ist, bietet die breitere Streuung der Aktien langfristig Vorteile."
"Damit ist Schaeffler nun ein optimaler MDax-Kandidat", resümierte Händler Lipkow. Allerdings könne die Phantasie einer möglichen Indexaufnahme den enormen Abschlag nicht so schnell vergessen machen.
'NUN OPTIMALER MDAX-KANDIDAT'
Die Index-Experten Petra von Kerssenbrock von der Commerzbank und Uwe Streich von der LBBW rechnen mit einem Aufstieg der aktuell im SDax notierten Schaeffler-Aktie im Juni. Bereits in der nächsten für etwaige Index-Änderungen relevanten Liste der Deutschen Börse für den Monat Mai dürfte Schaeffler laut Kerssenbrock von aktuell Rang 49 in den Bereich von Rang 21 hochrücken, wodurch sich dann auch der Börsenumsatz weiter verbessern sollte.
Nach der an diesem Morgen erfolgten Platzierung befinden sich nun alle stimmrechtslosen Vorzugsaktien im Streubesitz - sie sind also frei an der Börse handelbar. Sie stellen insgesamt 24,9 Prozent des Grundkapitals dar, während die Stammaktien und damit die restlichen 75,1 Prozent des Grundkapitals sich weiter bei der Holding der Familie Schaeffler befinden.