FRANKFURT (dpa-AFX) - Das anhaltende Tauziehen im griechischen Schuldendrama hat den Dax (DAX) am Donnerstag unter dem Strich nur wenig beeindruckt. Der deutsche Leitindex fiel zwar um rund 50 Punkte von seinem neuen Rekordhoch zurück, nachdem die Bundesregierung Athens Antrag auf eine Verlängerung der europäischen Finanzhilfen abgelehnt hat. Er blieb aber deutlich über seinem am Morgen markierten Tagestief und notierte zuletzt mit 0,12 Prozent im Plus bei 10 974,48 Punkten.
"Der Brief aus Athen ist kein substanzieller Lösungsvorschlag", sagte der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der Antrag ziele auf eine Brückenfinanzierung, ohne die Anforderungen des Programms zu erfüllen. "Das Schreiben entspricht nicht den am Montag in der Eurogruppe vereinbarten Kriterien." Dessen genaue Inhalte wurden bislang offiziell nicht veröffentlicht.
'GREXIT'-RISIKEN HALTEN SICH IN GRENZEN
"Die harte deutsche Handlung ist natürlich auch Verhandlungstaktik", kommentierte ein Marktbeobachter die Aussagen aus Berlin. Die Chancen auf eine Einigung beim morgigen Treffen der Euro-Finanzminister seien aber immer noch weit von 100 Prozent entfernt. Der Experte erinnerte jedoch an die bereits gut eine Woche alte Einschätzung der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P), wonach ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone ("Grexit") nur begrenzte Risiken für die übrigen Mitgliedsländer beinhalte.
Auch die anderen deutschen Aktienindizes hielten sich wacker: Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Werte setzte seinen Rekordkurs mit plus 0,36 Prozent auf 19 569,88 Punkte fort, während der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) 0,03 Prozent auf 1534,69 Punkte verlor. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (DJ Euro Stoxx 50) stieg um 0,50 Prozent auf 3483,03 Punkte.
AUCH FED-AUSSAGEN STÜTZEN - DEUTSCHE BÖRSE DREHEN INS PLUS
Als weitere Kursstütze nannte Analyst Andreas Paciorek von CMC Markets Aussagen der US-Notenbank Fed vom Vorabend, wonach eine Zinserhöhung in den USA noch auf sich warten lassen könnte. Niedrige Zinsen begünstigen Aktien gegenüber festverzinslichen Wertanlagen, die in einem solchen Umfeld kaum eine Rendite abwerfen.
Bei Einzelwerten sorgten vor allem Geschäftszahlen für Bewegung. Die Aktien der Deutschen Börse (XETRA:DB1Gn) drehten im Handelsverlauf ins Plus und gewannen zuletzt 0,98 Prozent. Nach einem Gewinnsprung im vergangenen Jahr rechnet der Börsenbetreiber weiter mit Rückenwind durch die boomenden Aktienmärkte.
ADIDAS SEHR FEST - RHEINMETALL PROFITIERT VON ZAHLEN
Die Adidas-Papiere (XETRA:ADSGn) sprangen mit plus 2,86 Prozent an die Dax-Spitze. Der Sportartikelhersteller profitierte von einem Artikel des "Manager Magazin" zu den Wachstumsplänen. Der Dax-Konzern wolle seinen Umsatz bis 2020 von derzeit 14,8 Milliarden auf 20 Milliarden Euro steigern, schreibt das Magazin in seiner neuen Ausgabe unter Berufung auf das Umfeld des Unternehmens. Zudem sehe der Entwurf der neuen Strategie 2020 eine operative Umsatzrendite von mindestens 10 Prozent vor. Ein Händler wertete die genannten Wachstumsziele positiv.
Im MDax führten die Rheinmetall-Titel (XETRA:RHMG) mit einem Kurssprung von 7,66 Prozent die Gewinnerliste an. Die guten Geschäfte mit der Autoindustrie retteten dem Zulieferer und Rüstungskonzern 2014 die Bilanz. Rheinmetall habe die nach dem dritten Quartal gesenkten Erwartungen knapp übertroffen, schrieb Analyst Markus Turnwald von der DZ Bank. Die Autozuliefersparte habe gut abgeschnitten und das Rüstungsgeschäft verzeichne einen hohen Auftragseingang. Dies sollte dem Unternehmen helfen, Vertrauen zurückzugewinnen.
STADA UNTER DRUCK - GEWINNMITNAHMEN BEI DIALOG
Dagegen büßten die Anteilsscheine von Stada (ETR:SAZ) als Index-Schlusslicht 4,49 Prozent ein, nachdem der Arzneimittelhersteller die Erwartungen gedämpft hatte. Stada machen der Ukraine-Konflikt und der Rubel-Verfall zu schaffen. Wegen millionenschwerer Abschreibungen etwa auf Geschäfts- und Firmenwerte sackte bereits der Gewinn 2014 laut vorläufigen Berechnungen um fast die Hälfte ab.
Im TecDax verloren die Papiere von Dialog Semiconductor (ETR:DLG) ungeachtet guter Zahlen 0,84 Prozent. Der Halbleiterhersteller zollte damit der zuletzt guten Aktienkursentwicklung Tribut. Allein im bisherigen Jahresverlauf hatten die Aktien in der Spitze fast ein Viertel an Wert gewonnen. Seit dem Rekordtief im Oktober 2008 legte der Kurs um fast 8700 Prozent zu.