FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger haben deutschen Aktien am Dienstag weiter den Rücken zugedreht. Nachdem eine erhöhte italienische Defizitprognose die Anleger an die Schuldenkrise erinnerte, rutschte der zeitweise festere Dax (DAX) am Nachmittag ins Minus. Zuletzt verlor der Leitindex 0,55 Prozent auf 11 897,65 Punkte, womit er seine schwache Vortagstendenz bestätigte. Er entfernte sich nochmals um einige Zähler von den in der Vorwoche erreichten 12 000 Punkten.
Der MDax (MDAX) fiel am Nachmittag um 0,81 Prozent auf 25 232,35 Zähler. Auch der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) in die Verlustzone ab: Zuletzt verlor der Leitindex der Eurozone knapp 0,3 Prozent. In New York wurde das Kurbarometer der Wall Street, der Dow Jones Industrial (Dow Jones), ebenfalls etwas tiefer taxiert.
Während die zuletzt herrschende Hoffnung auf eine baldige Lösung des US-chinesischen Handelsstreits den Markt derzeit nicht mehr groß stützen kann, ließen neue Zolldrohungen der USA gegen die EU und eine erhöhte Defizitprognose Italiens die Anleger zögern. Händlern zufolge agierten die Anleger auch wegen der anhaltenden Brexit-Unsicherheit und der bald neu beginnenden Berichtssaison vorsichtig.
Investmentanalyst Uwe Streich von der LBBW sprach in einem Kommentar zur Brexit-Frage von einer "Brextension". Einen Tag vor dem EU-Sondergipfel am Mittwoch lotet die britische Regierungschefin Theresa May mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron mögliche Lösungswege aus. Zur Wochenmitte will sie in Brüssel um eine Verlängerung der Austrittsfrist bitten.
Bevor im späteren Wochenverlauf in den USA die nächste Runde der Unternehmensberichte eingeläutet wird, stand am Dienstag die Airbus (9:AIR)-Aktie mit einem 2-prozentigen Abschlag im Mittelpunkt, weil die USA im Subventionsstreit mit Vergeltungszöllen drohen. Davon betroffen sollen unter anderem auch Lieferanten der Luftfahrtindustrie sein: Aktien des Turbinenherstellers MTU (4:MTXGn) büßten 3,2 Prozent ein.
Eine positive Branchenausnahme waren die Chipwerte, die Händlern zufolge eine Steilvorlage aus Asien erhielten. In Taiwan hatte Globalwafers mit einer zuletzt starken Umsatzentwicklung überzeugt. Die positive Stimmung schwappte ein Stück weit nach Europa herüber: Die Chiptitel von Infineon (4:IFXGn) und des Waferherstellers Siltronic (4:WAFGn) hielten sich jeweils mit 0,3 Prozent über Wasser.
Ansonsten war der Nachrichtenfluss auf Unternehmensseite eher studiengetrieben. SAP (4:SAPG)-Aktien litten im Dax mit 2,8 Prozent Minus unter gestrichenen Kaufempfehlungen gleich zweier Banken. Sowohl die britische HSBC als auch die schweizerische UBS (SIX:UBSG) gaben vor den bald erwarteten Zahlen zum ersten Quartal ihr bisheriges Votum mit "Buy" auf und begründeten dies nach einem guten Lauf mit nur noch begrenztem Aufwärtspotenzial.
Bei Cancom (4:COKG) war die Tendenz positiver, die Papiere zogen im SDax (SDAX) um 4 Prozent an. Der IT-Dienstleister wurde von der Privatbank Berenberg zum Kauf empfohlen - im Gegensatz zum abgestuften Branchenkollegen Bechtle (112:BC8G), dessen Papiere im MDax um 2,3 Prozent abrutschten.
Auch bei Xing (4:OBCGn) (4:OBCGn) und Leoni (4:LEOGn) sorgten Analysten für Gesprächsstoff, die beiden Aktien sackten am SDax-Ende um mindestens 3,5 Prozent ab. Für das Karrierenetzwerk zeigt sich die Deutsche Bank (DE:DBKGn) weniger optimistisch, weil die Aktienbewertung den Wachstumspfad bereits abbilde. Der Autozulieferer wird von der Quirin Bank nicht mehr zum Kauf empfohlen.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,07 Prozent am Vortag auf minus 0,06 Prozent. Der Rentenindex Rex (DE0008469107) fiel um 0,03 Prozent auf 142,81 Punkte. Der Bund-Future (DE0009652644) stieg um 0,15 Prozent auf 165,48 Punkte.
Der Eurokurs stieg zeitweise in Richtung 1,13 US-Dollar, wurde dann aber wieder von den Meldungen aus Italien gebremst. Zuletzt wurden 1,1278 Dollar für die Gemeinschaftswährung gezahlt. Am Vortag hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Referenzkurs auf 1,1246 Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8892 Euro.