FRANKFURT (dpa-AFX) - Die erneut drohende Eskalation im amerikanisch-chinesischen Handelsstreit hat den Dax (DAX) am Mittwochnachmittag in die Verlustzone gedrückt. Zuletzt büßte der deutsche Leitindex 0,68 Prozent auf 12 719,02 Punkte ein und rutschte damit wieder unter die technisch wichtige 200-Tage-Linie. Bereits davor hatten sich die Anleger angesichts einer Flut von Unternehmenszahlen und des abendlichen Zinsentscheids der US-Notenbank Fed zurückgehalten.
Sollte der Streit zwischen den beiden weltgrößte Volkswirtschaften eskalieren, gebe es derzeit wenig, was die Aktienmärkte stabilisieren könnte, warnte Experte Jens Klatt. Dem Dax drohe ein Rutsch in Richtung 12 400 Punkte. Am Dienstag hatte das Börsenbarometer noch mit einem knappen Plus geschlossen und dank seiner Stärke in den vergangenen Wochen für den Juli mit einem Plus von mehr als vier Prozent den höchsten Monatsgewinn seit April verbucht.
Etwas besser als der Dax hielten sich zur Wochenmitte die anderen deutschen Indizes: Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Unternehmen sank um 0,18 Prozent auf 26 859,22 Punkte, während der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) ein Plus von 0,88 Prozent auf 2908,52 Zähler behauptete. Ihm half die jüngste Stabilisierung bei den zuvor gebeutelten US-Technologiewerten, woran vor allem gute Zahlen des iPhone-Herstellers Apple (2:AAPL) ihren Anteil hatten. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) verlor 0,48 Prozent auf 3508,66 Punkte.
Im Dax galt die Aufmerksamkeit vor allem dem gesenkten Ausblick von Thyssenkrupp (4:TKAG) sowie den Quartalsberichten von Infineon (4:IFXGn) und Volkswagen (4:VOWG_p). Der Zinsentscheid der Fed steht im Schatten der jüngsten verbalen Angriffe von US-Präsident Donald Trump. Eine weitere Zinsanhebung wird aber noch nicht erwartet.
Für die Aktien von Thyssenkrupp ging es nach anfangs deutlicheren Verlusten noch um knapp anderthalb Prozent bergab, nachdem der Industriekonzern wegen anhaltender Probleme seiner Anlagen- und Schiffbausparte seine Ziele für das laufende Geschäftsjahr gesenkt hatte. Während ein Händler den neuen Ausblick als "Desaster" bezeichnete, setzen einige Analysten nun auf eine grundlegende Neuordnung des Konzerns.
Bei Volkswagen (DE:VOWG) sorgte ein durchwachsener Quartalsbericht für Kursverluste von fast 3 Prozent. Zudem warnte der Autobauer vor einem schwierigen zweiten Halbjahr. "In den kommenden Quartalen liegen große Anstrengungen vor uns", sagte Vorstandschef Herbert Diess. Die ursprünglich angepeilte operative Rendite werde VW 2018 nur noch unter Ausklammerung von Sonderbelastungen erreichen. Zur Wochenmitte litt außerdem die Autobranche insgesamt unter dem Zollstreit zwischen den USA und China.
Der Chiphersteller Infineon äußerte sich zwar nach einem guten Quartal optimistischer als bisher zum Gesamtjahr. Allerdings verhindere das etwas enttäuschende Geschäft mit der Automobilindustrie eine bessere Aufnahme der Zahlen, kommentierte Commerzbank-Analyst Sebastian Growe den Kursverlust von über dreieinhalb Prozent, was den letzten Platz im Dax bedeutete.
Im MDax führte indes der Beleuchtungsspezialist Osram (104:OSRn) mit fast viereinhalb Prozent Plus die Gewinnerliste an. Zwar ließen die schwächere Nachfrage in der Autoindustrie, der starke Euro sowie höhere Kosten Umsatz und Gewinne im dritten Geschäftsquartal sinken. Die endgültigen Resultate fielen jedoch nicht ganz so schlecht aus wie von Analysten zuvor befürchtet.
Dagegen konnte der Verbindungstechnik-Spezialist Norma (4:NOEJ) der schlechten Stimmung in der Autobranche nicht trotzen: Die Aktien büßten anderthalb Prozent ein. Die endgültigen Quartalsresultate enthielten indes keine Überraschungen mehr, erklärte Analyst Peter Rothenaicher von der Baader Bank. Bereits vergangene Woche hatte Norma Eckdaten veröffentlicht und das Margenziel gesenkt.
Im TecDax sprangen die Papiere von Dialog Semiconductor (4:DLGS) dank der besser als erwarteten Zahlen des Großkunden Apple um achteinhalb Prozent hoch. Zudem gab der Chipkonzern bekannt, die Übernahmegespräche mit dem Touchscreen-Hersteller Synaptics (2:SYNA) beendet zu haben.
Beim Gendiagnostik- und Biotechunternehmen Qiagen (4:QIA) honorierten die Anleger laut Peter Welford vom Analysehaus Jefferies vor allem die bessere Bruttomarge und die geringeren Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Zudem sorgte eine stark angezogene Nachfrage nach dem Tuberkulosetest Quantiferon für einen Umsatzschub. Die Aktien gewannen 7 Prozent.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite vor dem anstehenden Zinsentscheid der US-Notenbank Fed von 0,25 Prozent am Vortag auf 0,27 Prozent. Der Rentenindex Rex (DE0008469107) fiel um 0,12 Prozent auf 140,66 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,34 Prozent auf 161,04 Punkte. Der Euro kostete zuletzt 1,1692 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstagnachmittag auf 1,1736 Dollar festgesetzt.