FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach einem zögerlichen Start haben Anleger am deutschen Aktienmarkt am Mittwoch angesichts einer Lösung im EU-Personalpoker wieder zugegriffen. Der Leitindex Dax (DAX) schaffte wieder den Sprung über die Marke von 12 600 Punkten und legte am Nachmittag um 0,63 Prozent auf 12 605,45 Zähler zu. Zwischenzeitlich erreichte er mit 12 631 Punkten ein Hoch seit August. Der MDax (MDAX) stieg um 0,82 Prozent auf 25 918,43 Punkte und der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) legte um 0,77 Prozent zu.
Am Markt kam die Nominierung Christine Lagardes als Präsidentin der Europäischen Zentralbank offenbar gut an. "Es wird davon ausgegangen, dass Frau Lagarde weiterhin über den expansiven Weg sowohl konventionelle als auch unkonventionelle Geldpolitik betreiben wird, die den 19 Ländern der Eurozone helfen dürfte", kommentierte Marktexperte Edward Moya vom Online-Devisenhändler Oanda. "Sie ist keine Wirtschaftswissenschaftlerin aber eine respektierte Politikerin, die den Internationalen Währungsfonds durch die Spätfolgen der Finanzkrise navigiert hat." Manche Beobachter bemängelten allerdings auch die fehlende geldpolitische Erfahrung der Französin.
Die generelle Aussicht auf eine noch lockerere Geldpolitik der EZB und der US-Notenbank Fed zur Unterstützung der Konjunktur hatte die Börsen schon in den vergangenen Wochen angetrieben. Hinzu kam der Burgfrieden im Handelsstreit zwischen den USA und China, der die Konjunktursorgen vieler Investoren zumindest ein wenig milderte. Experten mahnen aber zugleich, dass eine Lösung immer noch nicht gefunden ist.
Darüber hinaus ging zuletzt auch der Zollstreit der USA mit der EU in eine neue Runde. Auch sind andere politische Konflikte wie die Ausschreitungen in Hongkong oder der US-iranische Streit um das Atomabkommen noch nicht aus der Welt.
Auf Unternehmensseite verhalf eine Kaufempfehlung der Analysten von Kempen der Vonovia (4:VNAn)-Aktie zu einem Kurssprung. Mit einem Plus von zuletzt 2,50 Prozent waren die Papiere Dax-Favorit. Im MDax kletterten gleichsam die Aktien von Deutsche Wohnen (0:DWNId), TAG Immobilien (4:TEGG) und Leg Immobilien. Dabei profitierte die zinssensitive Branche zusätzlich von der neuen EZB-Personalie. Auch Versorger erhielten durch die Nominierung Lagardes Auftrieb.
Ein Pressebericht über weitere Umbaukosten in Milliardenhöhe bei der Deutschen Bank (4:DBKGn) ließ die Anleger am Nachmittag kalt. Die Aktie stieg sogar um 1,51 Prozent. Deutlich mehr negative Reaktionen hatte dagegen eine am Vormittag herausgegebene Verkaufsempfehlung sowie eine Kurszielsenkung der Societe Generale (PA:SOGN) hervorgerufen.
Im MDax rutschten die Siltronic (4:WAFGn) -Papiere nach einer Kurszielsenkung der Deutschen Bank mit minus 3,85 Prozent auf den letzten Platz. Die Gewinnwarnung des Halbleiterunternehmens im Juni sei die dritte seit Jahresbeginn und dürfte nicht die letzte gewesen sein, schrieb Analyst Robert Sanders in einer Studie. Eine Erhöhung der Finanzziele lieferte den Papieren des Biotech-Unternehmens Morphosys (4:MORG) Rückenwind.
An die Spitze des SDax (SDAX) rückten mit großem Abstand die Nordex (4:NDXG)-Papiere mit einem Plus von 8,06 Prozent. Der Windkraftanlagenbauer konnte Anleger nach einem starken Auftragseingang im zweiten Quartal für sich gewinnen. Verlierer waren die Aktien des Finanzdienstleisters Hypoport (4:HYQGn), bei denen Anleger nach einem weiteren Rekordhoch Gewinne mitnahmen.
Am Rentenmarkt sank die Umlaufrendite von minus 0,37 auf minus 0,40 Prozent. Der Rentenindex Rex (DE0008469107) stieg um 0,08 Prozent auf 145,22 Punkte. Der Bund-Future (DE0009652644) legte um 0,13 Prozent auf 173,71 Punkte zu.
Der Euro kostete zuletzt 1,1283 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstag auf 1,1301 festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8849 Euro gekostet.
An den US-Börsen findet am Mittwoch ein verkürzter Handel statt. Die Aktienmärkte haben bis 19 Uhr geöffnet.