FRANKFURT (dpa-AFX) - Vor der US-Notenbanksitzung und dem Brexit-Referendum haben die Anleger am Frankfurter Aktienmarkt kalte Füße bekommen. Der Dax (DAX) sackte am Freitag erstmals seit zweieinhalb Wochen unter die viel beachtete Marke von 10 000 Punkten. Analyst Mike van Dulken vom Handelshaus Accendi sprach von einem wenig schmackhaften Cocktail für die Investoren.
Mit einem Verlust von 2,31 Prozent auf 9855,55 Punkte am Nachmittag knüpfte der deutsche Leitindex an seine zuletzt schwache Entwicklung an. Auf Wochensicht steht der Dax knapp zweieinhalb Prozent im Minus. Vor den anstehenden wichtigen Entscheidungen verkauften die Anleger Aktien, um die Risiken in ihren Depots zu reduzieren, sagte Portfoliomanager Stefan de Schutter von Alpha Wertpapierhandel.
Die Unsicherheit lastete am Freitag auch auf den anderen Indizes: Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Unternehmen fiel am Freitag um 2,15 Prozent auf 20 226,95 Punkte zurück und der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) sank um 1,82 Prozent auf 1648,74 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) ging es um 2,26 Prozent auf 2921,50 Punkte bergab.
WARTEN AUF FED-SITZUNG UND BREXIT-REFERENDUM
Wie die meisten Beobachter geht auch die BayernLB davon aus, dass die US-Notenbank Fed bei ihrer Sitzung in der kommenden Woche die Zinsen noch nicht anheben wird. Für andere Experten ist eine weitere geldpolitische Straffung bereits im Juli allerdings noch nicht vom Tisch. Höhere Zinsen sprechen zwar für eine optimistische Konjunktureinschätzung der Fed, schmälern aber die Attraktivität von Aktien gegenüber festverzinslichen Wertanlagen wie etwa Anleihen.
"Neben der Unsicherheit über den Ausgang des Brexit-Referendums sprechen vor allem die enttäuschenden Mai-Arbeitsmarktdaten gegen einen Zinsschritt", hieß es in der BayernLB-Studie. Die Abstimmung über den Verbleib Großbritanniens in der EU steht eine Woche später auf der Agenda.
LUFTHANSA WEITER AUF SINKFLUG: FINANZCHEFIN GEHT
Im Dax gab es vor dem Wochenende nur Verlierer. Am Indexende sackten die Aktien der Lufthansa (XETRA:LHAG) nach neuen Negativ-Schlagzeilen um weitere 5,46 Prozent ab: Finanzchefin Simone Menne hat um die vorzeitige Beendigung ihres Vertrages zum 31. August gebeten und wechselt zum Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim. Ihr überraschender Abgang bringe Unsicherheit und drücke auf die Stimmung, wie ein Händler sagte. Am Vortag hatte die Fluggesellschaft mit sehr schwachen Verkehrszahlen für den Mai enttäuscht.
Für die Fraport-Titel (XETRA:FRAG) ging es im MDax um 4,08 Prozent nach unten. Der Flughafenbetreiber litt im Mai unter einem deutlichen Rückgang der Passagierzahlen am wichtigen Frankfurter Flughafen. Verantwortlich dafür waren Krisen in wichtigen Urlaubsregionen und schwere Unwetter. Die Resultate sollten nach den sehr schwachen Lufthansa-Verkehrszahlen vom Donnerstag zwar nicht mehr überraschen, kommentierte ein Händler. Doch da die Fraport-Titel darauf nicht reagiert hätten, stünden sie nun unter Druck.
BANKEN SETZE TALFAHRT FORT
Auch die Bankenaktien setzten ihre Talfahrt fort: Im Leitindex gehörten Deutsche Bank (XETRA:DBKGn) und Commerzbank (XETRA:CBKG) mit Abschlägen von jeweils über 3 Prozent zu den größten Verlierern. Das weiter und wohl nachhaltig niedrige Zinsniveau sowie die Brexit-Gefahr drückten auf die Finanztitel, sagte ein Händler.
Die Aktien der Aareal Bank (XETRA:ARLG) verloren im MDax 2,85 Prozent. Hier belastete eine gestrichene Kaufempfehlung des Bankhauses Lampe. Nach dem Höhenflug seit Februar traut Analyst Neil Smith den Titeln des Immobilienfinanzierers zunächst keine weiteren Gewinne zu.