FRANKFURT/PARIS (dpa-AFX) - Die Aussicht auf weiterhin niedrige Zinsen in der Eurozone ist ganz und gar nicht nach dem Geschmack der Anleger aus dem Finanzsektor. In einem insgesamt schwachen Marktumfeld gehörten Banken am Donnerstag im Branchenvergleich zu den größten Verlierern, was am Markt damit begründet wurde, dass auf Dauer niedrige Zinsen schlecht für deren Alltagsgeschäft sind. Der Sektorindex Stoxx Europe 600 (EU0009658202) Banks fiel am Ende um 1,9 Prozent.
Marktanalyst David Madden vom Broker CMC Markets sprach im Sektor von einem "Ausverkauf". Unter den Einzelwerten gehörten die deutschen Institute dabei zu den größten Verlierern: Titel der Deutschen Bank (4:DBKGn) und der Commerzbank (4:CBKG) fielen jeweils um ungefähr 5 Prozent. Von Madrid über Paris bis nach New York verloren Finanzwerte ebenfalls. Nur in London ging es etwas gezügelter zu: Die Titel der HSBC (3:HSBA) schlossen dort sogar mit einem knappen Plus.
Auslöser der Kursverluste waren Aussagen der Europäischen Zentralbank (EZB), die am Donnerstag im Rahmen ihres Zinsentscheids wesentlich schwächere Inflations- und Wirtschaftsprognosen und ein "Billiggeld-Versprechen" abgab. Neuigkeitswert habe vor allem, dass die Leitzinsen "mindestens bis Ende 2019" auf Rekordtief bleiben sollen, schrieb Helaba-Analyst Ralf Umlauf - anstatt wie bisher bis "über den Sommer 2019 hinaus".
Zugleich verkündeten die Währungshüter eine neue Auflage von langfristigen Refinanzierungsgeschäften. Damit verbunden ist Marktexperten zufolge die Hoffnung, dass Banken ihrerseits die Kreditvergabe ausweiten, um so die Konjunktur und Inflation anzuschieben.
Die neuen Geschäfte seien in ihrer Konfiguration ein vergleichsweise geringes Zugeständnis an den italienischen Bankensektor, kommentierte dies Ökonom Stefan Kipar von der BayernLB. Aktien italienischer Institute standen ebenfalls deutlich unter Druck: Unicredit (MI:CRDI) zum Beispiel büßten in Mailand rund 3 Prozent ein.