FRANKFURT (dpa-AFX) - Die wieder größer gewordenen Zinssorgen der Anleger belasten am Freitag wieder stärker den Immobiliensektor. Die Investmentbank Stifel nahm die geldpolitischen Unsicherheiten am Freitag zum Anlass, um den ganzen deutschen Immobiliensektor auf "Neutral" abzustufen. Dem folgend, war der Sektorindex Stoxx Europe 600 Real Estate mit einem Abschlag von 2,4 Prozent das Schlusslicht in der europäischen Sektorwertung.
Die Immobilienwerte knüpften generell an ihre Schwäche vom Vortag an, die von den Aussagen der Europäischen Zentralbank getrieben war. Marktbeobachter Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners sah "das Zinsgespenst zurückgekehrt". Die Ankündigung weiterer deutlicher Zinserhöhungen durch die Notenbank hatte den Dax unter 14 000 Punkte gedrückt und dem Leitindex den größten Tagesverlust seit Juni eingebrockt.
In seiner Studie zeigte sich nun Analyst Tom Carstairs skeptisch für den deutschen Immobiliensektor wegen der weiterhin großen Zinsunsicherheit. Diese herrscht, weil steigende Zinsen die Finanzierung verteuern und damit den ganzen Immobilienmarkt bremsen. Unter diesen Umständen scheide ein Wiederanziehen der Transaktionen als potenziell positiver Kurstreiber aus, ergänzte der Experte. Er fürchtet außerdem, dass Dividendenkürzungen für das Jahr 2022 in Wohnimmobilien-Werten noch nicht vollständig eingepreist sind.
Der Pessimismus von Carstairs führte am Freitag dazu, dass er seine bisherige Kaufempfehlung für TAG Immobilien (ETR:TEGG) aufgab. Die Titel schlugen sich in dem schwachen Branchenumfeld aber relativ gut, indem sie ihr Minus zuletzt auf 1,2 Prozent eindämmten. Anderen deutschen Branchenwerten erging es schlechter, wie Kursverluste zwischen 2,2 und 4,2 Prozent bei Vonovia (ETR:VNAn) , LEG , Grand City Properties (ETR:GYC) , Aroundtown (ETR:AT1) oder Deutsche Wohnen (ETR:DWNG) zeigen.
TAG Immobilien begibt sich mit dem neuen Votum "Hold" in gute Gesellschaft, denn für Vonovia und LEG Immobilien (ETR:LEGn) hat Carstairs bereits neutrale Empfehlungen. Bei allen drei Unternehmen geht er davon aus, dass für 2022 keine Dividende fließen wird. Damit scheide ein Kernargument, das für die Aktien sprechen würde, aus. Die Bewertung der Papiere sei zwar perspektivisch günstig, dies sei aber mit der Zinssituation gut zu begründen.