FRANKFURT (dpa-AFX) - Das für die Stromkonzerne negative Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Atomsteuer in Deutschland hat die Anleger am Donnerstag weitgehend kalt gelassen. Dass die Atomsteuer laut EuGH mit EU-Recht vereinbar ist, sollte niemanden mehr nachhaltig überrascht haben, hieß es unisono am Markt.
Die Aktien der Versorger Eon (ETR:EOAN) und RWE (XETRA:RWEG) wurden am Morgen dann auch nur kurzzeitig sichtbar belastet, konnten ihre Verluste letztlich aber eindämmen. Gegen Mittag gaben die Aktien im Einklang mit dem Gesamtmarkt nach, der unter einer allgemein schlechten Stimmung litt, nachdem der Kurs des Euro (FX1:EURUS) weiter deutlich zulegte, die Marke von 1,13 US-Dollar übersprang und in Richtung 1,14 Dollar stieg.
'WAR BEREITS ERWARTET WORDEN'
"Es war bereits erwartet worden, dass die Richter am EuGH dem Vorschlag des Generalstaatsanwalts folgen werden", erinnerte Händler Andreas Lipkow von Kliegel & Hafner. "Die Kursverluste der Versorger wären sonst wesentlich größer ausgefallen." Zudem, so sagte Lipkow, stünden zu diesem Thema noch weitere Urteile aus, etwa vom Bundesverfassungsgericht, das voraussichtlich bis Jahresende entscheiden werde.
Die Anteilsscheine von RWE gaben zuletzt um 1,82 Prozent auf 21,085 Euro nach und die von Eon (ETR:EOAN) sanken um 1,55 Prozent auf 13,305 Euro. Der Dax (DAX) zeigte sich mit minus 1,56 Prozent ähnlich schwach.
GOLDMAN-ANALYSTIN SIEHT ZUKUNFT ROSIGER
Nach Jahren der Unsicherheit sollte die zunehmende Klarheit an verschiedenen Fronten bei den deutschen Versorgern letztlich die Aktienkurse wieder antreiben, erwartet Analystin Deborah Wilkens von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Zwar ging sie in ihrer aktuellen Studie nicht direkt auf die Atomsteuer ein, sieht aber sowohl die bevorstehende Ankündigung der Pläne zur Strommarkt-Reform durch die Bundesregierung, als auch die mögliche Einrichtung eines Atomfonds für den Abriss und die Entsorgung der Atommeiler positiv.
Kernpunkt der Energiereform sei, wie viele Kohlekraftwerke ihren Betrieb einstellen müssten, schrieb sie. Zudem gehe es darum, ob RWE zu umfangreichen Schließungen und Entsorgungsaufwendungen von Braunkohlekraftwerken gezwungen sein werde, was sie jedoch nicht annehme. Sollten durch solche Schließungen die Strompreise steigen, wäre das positiv für Eon, während RWE davon dann nicht profitieren dürfte. Einen Atomfonds für Rückstellungen in diesem Bereich sieht Wilkens für beide Versorger positiv. Die Bilanzen würden so klarer werden und auch der Gewinn je Aktie dürfte dadurch kräftig steigen.