WIEN (dpa-AFX) - Am Ende eines durchwachsenen Monats Oktober hat der Aktienmarkt in Wien noch einmal kräftig nachgegeben. Starke Zahlen der schwer gewichteten Erste Group (VIE:ERST) verhinderten Schlimmeres. Der ATX fiel am Donnerstag um 0,54 Prozent auf 3.526,66 Punkte. Auf Monatssicht verbuchte der Leitindex ein Minus von 3,5 Prozent. Für den ATX Prime ging es 0,58 Prozent auf 1.757,01 Zähler hinab. An anderen europäischen Börsen gab es ebenfalls Verluste.
"Nicht nur die in wenigen Tagen anstehende US-Wahl steht im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses", kommentierte Christian Henke vom Broker IG. "Das Thema Zinsen und Inflation ist zum Leidwesen der Anleger zurückgekehrt. Und diese Dreierkombination schmeckt den Marktteilnehmern gar nicht."
Die Inflationsrate der Eurozone war etwas höher ausgefallen als erwartet. In den USA steht zudem an diesem Freitag der monatliche Arbeitsmarktbericht an. Dieser dürfte mit Blick auf die Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed, zwei Tage nach den US-Wahlen, viel Beachtung finden.
Aktien der Erste Group gewannen knapp sechs Prozent, nachdem die Zahlen für das dritte Quartal die Erwartungen übertroffen hatten. Der Gewinnanstieg sei "auf eine gute operative Performance und ein anhaltend günstiges Zinsumfeld zurückzuführen", teilte die Bank mit. Das Institut hob zudem erneut den Ausblick an. Analyst Dieter Hein von der Baader Bank sprach von "guten" Zahlen des Geldhauses. Besonders der Ausblick zur Zinsertragsentwicklung habe überrascht.
Seit Jahresanfang haben sich die Anteilsscheine der Erste Group, eine Dividendenausschüttung nicht miteinbezogen, um fast 41 Prozent verteuert. Sie sind, gemeinsam mit jenen der Branchenkollegin Bawag (VIE:BAWG) , die tragende Säule im ATX. So auch an diesem Donnerstag. Während BAWAG um 1,1 Prozent zulegten, wurden sonst weitgehend und teilweise kräftige Kursverluste verbucht.
So brachen Andritz (VIE:ANDR) um 9,4 Prozent ein. Der Anlagenbauer hat im dritten Quartal weniger Umsatz und Gewinn erzielt und verfehlte zudem die durchschnittlichen Analystenschätzungen leicht.
Baader-Analyst Peter Rothenaicher sprach von einem "unspektakulären" Quartal der Steirer. Die Aussichten für die kommenden Jahre seien jedoch weiterhin günstig. Rothenaicher sowie die Analysten der Erste Group lobten die Margenentwicklung. "Die Wahrscheinlichkeit einer rückläufigen Geschäftsentwicklung im Jahr 2025 nimmt jedoch zu, und die Sichtbarkeit wird nicht besser", warnte jedoch Erste-Analyst Daniel Lion.
AT&S schlossen nach mehreren Vorzeichenwechseln 0,7 Prozent im Minus. Am Dienstag waren die Papiere schon über neun Prozent abgesackt, nachdem der Leiterplattenhersteller seine Umsatzprognose angepasst hatte. Die Steirer haben im ersten Halbjahr 2024/25 einen Verlust von 63 Millionen Euro erzielt, nach 49 Millionen Euro Gewinn ein Jahr zuvor. Im zweiten Quartal konnte jedoch der Umsatz deutlich gesteigert werden.
"Die Erholung erfolgt langsam, aber stetig," kommentierte Analyst Daniel Lion von der Erste Group die AT&S-Zahlen. Positiv zu erwähnen sei die Verbesserung der Rentabilität, die sich aus den Fortschritten bei den Sparbemühungen, aber auch aus der Erholung ergebe.
Sehr schwach zeigten sich erneut die RBI-Titel. Bereits zur Wochenmitte hatten die Papiere nach Zahlen 3,6 Prozent eingebüßt, nun sackten sie sogar weitere 6,7 Prozent ab. Anteile am Verbund (VIE:VERB) büßten 2,8 Prozent ein.
Unter den wenigen Gewinnern fanden sich noch Warimpex-Anteile, nachdem der Immobilienentwickler sich von der Airportcity St. Petersburg und damit von seinem letzten Projekt in Russland getrennt hat.