FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die Zeit der großen Ausschläge an den Rohstoffmärkten ist vorbei. Gold- und Ölpreis treten auf der Stelle beziehungsweise fallen leicht. Entsprechende ETCs werden gekauft, aber eher in kleinen Dosen. Viel gesetzt wird auf die Gaspreisentwicklung.
22. Juni 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach der bis Mai laufenden Goldpreis-Rallye ist es ruhiger geworden um das Edelmetall. Die Feinunze kostet am Donnerstagmorgen wieder "nur" 1.928 US-Dollar - deutlich unter den in der Spitze vor anderthalb Monaten erreichten 2.060 US-Dollar, aber deutlich über den 1.820 US-Dollar Anfang des Jahres. "Die Marktteilnehmer am Goldmarkt sind enttäuscht, dass die Zinserhöhungen in den USA möglicherweise doch noch nicht beendet sind", stellt Rohstoffanalystin Barbara Lambrecht von der Commerzbank (ETR:CBKG) fest.
Sie geht allerdings davon aus, dass die Goldpreiskorrektur weitgehend abgeschlossen ist. "Erholen werden sich die Preise aber wohl erst, wenn klar ist, dass die US-Leitzinsen ihr Hoch erreicht haben." Auch laut Dora Borbély von der DekaBank sind Inflationsthematik und erhöhtes Zinsniveau bereits weitestgehend in den Preisen berücksichtigt. "Solange es hier keine neuen, belastbaren Erkenntnisse gibt, wird die Seitwärtsbewegung des Goldpreises auf dem recht hohen Niveau fortdauern."
Gold-ETCs: Weder Ansturm noch Ausverkauf
Hohe Umsätze an der Börse Frankfurt weisen aktuell neben Xetra-Gold (4:4GLD) noch Gold-ETCs von Xtrackers, WisdomTree und Amundi auf. Bei Lang & Schwarz geht weiter in Xetra Gold viel um, außerdem noch im der iShares Physical Gold (3:IGLN) und im WisdomTree Physical Swiss Gold (3:SGBS), wie Fabian Wörndl berichtet.
Im Mai hatten sich die hohen Abflüsse aus Gold-ETCs nicht fortgesetzt, große Zuflüsse gab es aber auch nicht. "Substitution ist das Stichwort", formuliert es das Münchner ETP-Analyse- und Handelshaus Crossflow. So habe der Invesco Physical Gold zwar mit 710 Millionen den zweiten Platz bei den Nettomittelzuflüssen belegt. "Allerdings sorgten Abflüsse bei anderen Goldprodukten letztlich netto nur für neue Gelder in Höhe von 344 Millionen Euro in dieser Produktkategorie." Seit Jahresanfang sind es laut Crossflow immer noch Nettoabflüsse in Höhe von gut 1 Milliarde Euro.
Der Bestand an Xetra Gold steigt zwar nicht mehr, bleibt mit 227 Tonnen aber auf hohem Niveau. Zum Vergleich: Ende 2022 waren es 231 Tonnen, Ende 2021 238 Tonnen.
Auch im gesamten Mai dominierten Gold-ETCs den ETC-Handel auf Xetra. Umsatzspitzenreiter war, wie üblich, Xetra Gold. Ebenfalls viel gehandelt wurden der Xtrackers Physical Gold Euro Hedged (4:XAD1), der iShares Physical Gold (3:IGLN), der Xtrackers IE Physical Gold (3:XGDU) und der Invesco Physical Gold (3:SGLD). Auch in Silber-ETCs wie dem WisdomTree Physical Silver (3:PHAG) ging viel um. Erst auf Platz 12 findet sich der erste Nicht-Edelmetall-ETC, und zwar der WisdomTree Natural Gas 3x Daily Leveraged (6:3NGL).
Gas- und Ölpreis-Tracker: Spekulieren mit Hebel
Für viel Aufmerksamkeit sorgt weiter der Gaspreis: Der für Europa relevante Terminkontrakt für niederländisches Erdgas (Dutch TTF) war Anfang des Monats auf 23 Euro/MWh gefallen. Nach Ausbruch der Ukraine-Kriegs waren es zwischenzeitlich über 300 Euro/MWh gewesen. Aktuell sind es 37 Euro. Der starke Preisverfall lockt zu Spekulationen auf die weitere Preisentwicklung: Bei Lang & Schwarz ist unverändert viel los in gehebelten Gas-ETCs, etwa dem WisdomTree Natural Gas 3x Daily Leveraged (6:3NGL) und dem WisdomTree Natural Gas 3x Daily Short (6:3NGS).
Nicht ganz so stark gefallen ist der Ölpreis. Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent liegt mit aktuell 76,65 US-Dollar aber ebenfalls deutlich unter den in der Spitze erreichten 116 US-Dollar aus dem Frühjahr 2022. Auch seit Anfang dieses Jahres, als das Barrel noch 84 US-Dollar kostete, ergibt sich ein Minus. Barbara Lambrecht verweist auf Sorgen um die Nachfrage und die Vorräte: "Die Aussicht auf mögliche weitere US-Leitzinserhöhungen, welche die Nachfrage im noch immer größten Konsumentenland für Öl bremsen könnten, belastete die Preise zuletzt ebenso wie ein unerwartet starker Aufbau der US-Ölvorräte." Warnungen der Internationalen Energieagentur IEA vor einem in der zweiten Jahreshälfte deutlich unterversorgten Markt seien dagegen zum wiederholten Male verpufft. Die Bank geht aber davon aus, dass eine kräftige Nachfrage in Asien die Schwäche in den westlichen Industrieländern überkompensieren und - bei gleichzeitig reduziertem Angebot der Opec+-Staaten - für eine Anspannung am Markt sorgen wird. "Die Ölpreise werden in der zweiten Jahreshälfte deutlich anziehen."
Laut Crossflow standen im Mai Nettozuflüsse in Energie-ETCs zu Buche, allerdings im Umfang von nur 50 Millionen Euro. Seit Jahresanfang sind es immerhin 945 Millionen Euro. Hohe Umsätze an der Börse Frankfurt weist aktuell der WisdomTree WTI Crude Oil (3:CRUD) auf. Bei Lang & Schwarz sind gehebelte Ölpreis-Tracker beliebt, etwa der WisdomTree Brent Crude Oil 3x Daily Short (6:3BRS) und der WisdomTree WTI Crude Oil 2x Daily Leveraged (3:LOIL). "Die werden viel in beide Richtungen gehandelt", erklärt Wörndl.
Industriemetalle: Immer noch im Minus
Industriemetallpreise sind zuletzt zwar etwas gestiegen. "Auftrieb gaben Hoffnungen auf ein stärkeres Anspringen der chinesischen Nachfrage, nachdem Chinas Notenbank die Zinsen leicht gesenkt hat und deshalb Spekulationen über weitere Stimulierungsmaßnahmen aufkamen", bemerkt Lambrecht. Unterstützung hätten einige Metalle auch von einer enttäuschenden Angebotsentwicklung erhalten. Seit Jahresanfang ergibt sich für die Industriemetalle - gemessen am viel gehandelten WisdomTree Industrial Metals () - aber immer noch ein Minus von 14 Prozent.
von: Anna-Maria Borse, 22. Juni 2023, © Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.