FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Nachdem in der Vorwoche vor allem die Zinspolitik der US-Notenbank im Fokus stand, beschäftigen die Quartalsberichte der Unternehmen die Märkte. Zudem herrscht Hochsaison bei den Dividendenzahlungen.
6. Mai 2024. Die Aktienmärkte haben in der vergangenen Woche gerade mit Blick auf die Zinshoffnungen ein Wechselbad der Gefühle erlebt. Nachdem die US-amerikanische Notenbank zur Wochenmitte einer baldigen Lockerung des Leitzinsniveaus eine Absage erteilt hatte, heizte am Freitag der Arbeitsmarktbericht die Spekulationen über sinkende Zinsen wieder an. Sowohl der S&P 500 mit einem Plus von 1,3 Prozent als auch der Nasdaq 100 mit 2 Prozent konnten daraufhin die vorherigen Verluste wettmachen und die Woche im Plus beenden. Der DAX hingegen erlitt mit einem Schlussstand von 18.001 Punkten ein Wochenminus von 0,9 Prozent. Heute Morgen steht er bei 18.020 Punkte leicht im Plus.
In den kommenden Tagen richten sich die Blicke verstärkt auf die Berichterstattung der Unternehmen, auch weil vergleichsweise wenig wichtige Konjunkturdaten anstehen. "In Deutschland startet nun die intensivste Phase", merken die Strategen der Deka an. In dieser und der folgenden Woche berichten demnach zehn bzw. zwölf Unternehmen mit 19 bzw. 33 Prozent der Marktkapitalisierung des DAX über das abgelaufene Quartal.
Deutung der US-Zahlen eine Frage der Blickweise
In der langsam zu Ende gehenden Bilanzsaison in den USA konnten die Firmen mit ihren Gewinnen nach Berechnungen der DZ Bank bisher überwiegend positiv überraschen. Vor allem die wegen ihrer hohen Indexgewichtung bedeutenden "Magnificent Seven-Titel" konnten mehrheitlich überzeugen. Nur Meta Platforms (NASDAQ:META) rutschte nach Vorlage der Ergebnisse im Kurs ab, Nvidia (NASDAQ:NVDA) legt erst Ende Mai seine Zahlen vor. Dass die positiven Ergebnisüberraschungen auf Indexebene bisher wenig mit Kursgewinnen belohnt wurden, liegt nach Ansicht der DZ Bank-Strategen an der erneut angespannteren Nachrichtenlage. "Der Nahost-Konflikt und US-Inflationssorgen lasten derzeit auf dem Anlegersentiment".
Die Analysten der LBBW werfen einen etwas anderen Blick auf die Zahlen der US-Firmen. Zwar hätten 78 Prozent der Mitglieder des S&P 500 die Schätzungen beim Gewinn je Aktie übertroffen, die Erwartungen seien in den vergangenen Wochen und Monaten aber auch deutlich gesunken, wodurch die letztlich zu überspringende Latte immer niedriger gelegt wurde. Unter dem Strich spreche einiges dafür, dass das Startquartal 2024 "das fünfte Quartal in Folge auf lediglich vergleichbarem Gewinnniveau und damit ohne Wachstum wird".
"Dabeisein ist alles"
Die Strategen der Helaba plädieren trotzdem dafür, Aktienbestände weiter zu halten. Die Korrektur der Lockerungserwartungen an die US-Leitzinsen dürfte abgeschlossen sein, womit sich der Gegenwind für Aktien legen sollte. Zudem würden hiesige Dividendentitel durch den für Juni erwarteten Zinssenkungszyklus der EZB sogar wieder geldpolitische Unterstützung erfahren. Der auf fundamentalen, verhaltensorientierten und technischen Einflussfaktoren basierende Helaba-BEST-Indikator für den DAX steht weiterhin auf "halten", die Bewertung des Index befindet in der Mitte des fairen Bereichs. Die Phase für breite Neuengagements sei zwar vermutlich vorüber, es gelte aber immer noch das olympische Motto "Dabeisein ist alles". Bis Ende des Jahres rufen die Analysten ein DAX-Ziel von 19.000 Punkte aus.
Eine interessante Berechnung zum Thema "Sell in May an go away" lieferte zum Wochenschluss die LBBW. Demnach sollte der DAX im laufenden Monat allein aufgrund der Dividendenzuflüsse 415 Indexpunkte zulegen. Dies seien mehr als 76 Prozent der im Gesamtjahr zu erwartenden Einnahmen aus Dividenden. Als Performance-Index fließen beim DAX die Ausschüttungen der Indexmitglieder mit in die Berechnung ein. "Damit der DAX per Ende Mai wirklich niedriger notiert als per Ultimo April, müsste er in diesem Monat im Kurs daher um 2,4 Prozent oder mehr nachgeben", so das Fazit der Analysten. Der Blick auf die Historie lasse zwar vermuten, dass die Luft am Aktienmarkt erstmal raus sei, gleichzeitig sei aber zu erwarten, dass es bis zur "wirklichen" Sommerflaute noch etwas dauern könnte.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Montag, 6. Mai
10.30 Uhr. Deutschland: Sentix-Konjunkturindex. Nach Ansicht der Deka dürfte der erste Stimmungstest im Mai positiv ausfallen. Da die Konjunkturindikatoren überwiegend besser als erwartet ausgefallen sind, sei mit ersten Aufwärtsrevisionen der Konjunkturprognosen zu rechnen.
Dienstag, 7. Mai
8.00 Uhr. Deutschland: Auftragseingang Industrie. Die Analysten der Commerzbank (ETR:CBKG) rechnen bei den Auftragseingängen für März mit einem leichten Plus von 1 Prozent gegenüber dem Vormonat, was die Hoffnung auf eine nachhaltige Wende zum Besseren nähren könnte.
Mittwoch, 8. Mai
8.00 Uhr. Deutschland: Industrieproduktion. Einen Tag nach den vermeintlich hoffnungsvollen Auftragseingängen dürfte es bei den Daten zur Industrieproduktion nach Ansicht der Commerzbank mit einem Minus von 2,0 Prozent ggü. dem Vormonat einen Hinweis darauf geben, dass die Besserungszeichen in Europa noch sehr zarte Pflänzchen sind.
Donnerstag, 9. Mai
Deutschland: Auf Xetra und an der Frankfurter Börse wird regulär gehandelt.
13.00 Uhr: GB: BoE-Zinsentscheidung. Das Vereinigte Königreich steuert nach Einschätzung der Deka auf eine Leitzinswende zu, nachdem sich die Inflationsrate dem Ziel der Notenbank nähert. Die Volkswirte wollen eine Leitzinssenkung in dieser Woche nicht ausschließen, gehen aber davon aus, dass die Bank of England als Bestätigung noch die Inflationsdaten für April abwarten will, für die ein deutlicher Rückgang erwartet wird.
Freitag, 10. Mai
16.00 Uhr. USA: Index der Verbraucherstimmung Uni Michigan. Am Markt wird ein leichter Rückgang auf 77,0 (April 77,2) Punkte erwartet. Hintergrund sind nach Ansicht der Commerzbank die Einflüsse der hartnäckigen Inflation und die von der Fed zuletzt festgestellte (leichte) Abkühlung am Arbeitsmarkt.
von: Thomas Koch, 6. Mai 2024, © Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG
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