Zürich (Reuters) - Credit-Suisse (SIX:CSGN)-Chef Tidjane Thiam hält nach dem schlechtesten Jahresstart der Schweizer Bank seit der Finanzkrise unbeirrt an seinem Kurs fest.
Auch wenn das im ersten Quartal 2016 erneut viel kostete, will der Ivorer das riskante Investmentbanking zurechtstutzen und vor allem auf das Geschäft mit reichen Privatkunden setzen. "Wir sind zufrieden mit diesem Quartal, weil es viele Anzeichen gibt, dass die Strategie die richtige Strategie ist und die Fokussierung auf die Vermögensverwaltung gute Resultate bringt", sagte Thiam am Dienstag vor Journalisten. Die mittelfristigen Ziele, an denen viele Analysten zweifeln, lägen weiterhin in Reichweite.
Mit einem Verlust von 302 Millionen Franken beendete Credit Suisse am Dienstag den Reigen der Zwischenberichte der globalen Investmentbanken - von denen die meisten schwache Zahlen geliefert hatten. "Ich wusste immer, dass es nicht einfach werden würde", erklärte Thiam, der nach einer erfolgreichen Neuausrichtung des britischen Versicherers Prudential (LON:PRU) im vergangenen Sommer das Steuer bei der zweitgrößten Schweizer Bank übernommen hatte. Mit milliardenschweren Einsparungen, dem Abbau von 6000 Arbeitsplätzen und einer neuer Aufstellung der Divisionen will Thiam das Unternehmen auf Rendite trimmen. Um riskante Positionen im Anleihenhandel loszuwerden, nahm er im Verlauf von zwei Quartalen Verluste von insgesamt rund einer Milliarde Franken in Kauf. Die Abschreibungen brockten der Bank im Auftaktquartal auch rote Zahlen ein. Im Vorjahr hatte ein brummendes Handelsgeschäft die Erträge noch sprudeln lassen und zu einem Gewinn von 1,05 Milliarden Franken geführt.
Inzwischen hat sich das Umfeld aber deutlich eingetrübt. Wie die UBS (SIX:UBSG), die Deutsche Bank und die meisten anderen Konkurrenten leidet auch die Credit Suisse unter den heftigen Schwankungen an den Wertpapier- und Rohstoffmärkten, die vielen Anlegern die Lust auf Transaktionen verdorben haben. Dazu kommen die rekordtiefen Zinsen, die die Gewinne der Institute weiter drücken. Und daran dürfte sich nicht so schnell viel ändern. "Zwar waren im März und April erste Anzeichen einer vorläufigen Erholung der Aktivität zu erkennen, ungünstige Marktbedingungen und niedrige Kundenaktivität dürften jedoch auch im zweiten Quartal 2016 und möglicherweise darüber hinaus fortbestehen", prognostizierte Thiam. Dies veranlasse ihn auch, den Konzernumbau voranzutreiben. "Das Umfeld macht die Restrukturierung noch dringender."
RIVALE UBS IST SCHON WEITER
Schon zwei Schritte weiter ist der Erzrivale UBS. "Wir haben den Anpassungsprozess an die neue Realität vor etwas mehr als vier Jahren begonnen", erklärte Konzernchef Sergio Ermotti auf der Generalversammlung. Deshalb habe die größte Schweizer Banken gegenwärtig auch einen gewissen Vorsprung. "Aber – für Selbstgefälligkeit darf es keinen Platz geben", mahnte er.
Besonders bei der Krisenfestigkeit erreicht die UBS einen Spitzenwert. Mit einer Kernkapitalquote von 14 Prozent liegt sie deutlich vor der Credit Suisse, die gegenwärtig auf 11,4 Prozent kommt. Dennoch: Analysten hatten mit weniger gerechnet. Zusammen mit dem tiefer als erwartet ausgefallenen Verlust lockte das Anleger in die Aktie und der Kurs stieg über fünf Prozent. Es sei eine Erleichterung, dass Credit Suisse dieses Mal nicht negativ überrascht habe, erklärte ZKB-Analyst Andreas Brun. Zugleich warnte er vor zu viel Euphorie. "Das ist wahrscheinlich noch nicht der Wendepunkt, weil sie inmitten der ganzen Restrukturierung sind." Seit Thiams Amtsantritt hat die CS-Aktie fast die Hälfte an Wert eingebüsst. Auch der Konzernchef selbst mahnte zur Geduld. "Es ist ein langfristiges Rennen und ich bin sehr zuversichtlich, dass sich der Aktienkurs erholen wird, wenn wir Quartal für Quartal liefern." Bis 2018 will Thiam den Vorsteuergewinn in Kerngeschäft Vermögensverwaltung auf 6,5 Milliarden Franken mehr als verdoppeln "Ich bin noch nicht bereit, das aufzugeben", sagte er.