- von Peter Maushagen
Brüssel (Reuters) - Der CSU-Vizevorsitzende Manfred Weber greift nach der Spitze der EU-Kommission und eröffnet damit den Parteienwettbewerb vor der Europawahl im Mai.
Er bewerbe sich für die Position des Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei (EVP), um Präsident der EU-Kommission zu werden, kündigte Weber am Mittwoch in Brüssel an: "Ich bin bereit." Derzeit ist er Fraktionschef der konservativen EVP-Fraktion. Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Kandidatur, ebenso CSU-Chef Horst Seehofer. Es wäre das erste Mal seit Jahrzehnten, dass ein Deutscher der mächtigen EU-Institution vorstehen würde.
Der Bayer (DE:BAYGN) Weber ist damit der erste Bewerber für die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der bei der Wahl im Mai nicht mehr antreten wird. Die endgültige Entscheidung über die EVP-Kandidatur fällt auf einem Parteitag Anfang November. Als mögliche Konkurrenten in der konservativen EVP-Parteienfamilie werden EU-Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier und der frühere finnische Ministerpräsident Alexander Stubb gehandelt. In der CSU gilt Weber als liberale Stimme.
WEBER SETZT AUF EINHEIT UND BÜRGERNÄHE
Der 46-Jährige will vor allem mit zwei Themen Wähler locken. "Wir können nicht erlauben, dass es so viele Brüche in der Union gibt", sagte er Es gebe kein Europa von kleinen oder großen Ländern, von Ost oder West, reich oder arm, sondern nur eine EU: "Nur zusammen können wir stark sein, ansonsten hat Europa keine Chance in der heutigen Welt." Zudem wolle er die EU näher an die Bürger bringen: "Die EU ist zu sehr eine Eliten-Veranstaltung."
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Weber durch seine Unterstützung für kostenlose Interrail-Tickets für junge Leute bekannt. Die EVP-Fraktion ist derzeit die größte im Europäischen Parlament und dürfte es auch nach der Wahl bleiben. Eine Mehrheit wird sie aber nicht erreichen, sondern auf Partner angewiesen sein, um den europäischen Top-Job zu besetzen.
Weber wäre der erste Deutsche seit langem als Leiter der EU-Kommission, die die Geschicke von 500 Millionen Europäern lenkt. Der letzte Deutsche war Walter Hallstein Ende der 50er-Jahre.
Merkel stellte sich hinter Weber Pläne. "Ich unterstütze die Kandidatur von Manfred Weber", sagte sie in Berlin. Nun müsse man abwarten, wer sich in der konservativen europäischen Parteienfamilie noch als Kandidat melde. Dann werde die EVP versuchen, bei den Europawahlen im Mai 2019 stärkste Kraft zu werden. Danach folgten die weiteren Gespräche und Verhandlungen.
SPITZENKANDIDAT - EIN FRAGE DES PRINZIPS
Strittig ist derzeit zwischen den Mitgliedsländern und den Europaabgeordneten, wie der neue Kommissionschef bestimmt wird. 2014 wurde erstmals der Spitzenkandidat der größten Koalition im Europaparlament, also Juncker, zum Chef der Kommission berufen. An dem Prinzip wollen die Parlamentarier festhalten. Die Staats- und Regierungschefs sehen diesen Mechanismus skeptisch. Früher hatten sie den Posten stets hinter verschlossenen Türen besetzt - daran wollen sie festhalten. Das Parlament droht für den Fall, dem künftigen Kommissionschef die Zustimmung zu verweigern.
Merkel sagte dazu: "Wer Spitzenkandidat der EVP ist, kann natürlich im Prinzip und möchte im Prinzip (...) auch Präsident der EU-Kommission werden." Aber bis dahin müsse man noch viele Schritte absolvieren.
Lob kam aus der CSU. "Die Kandidatur Manfred Webers ist für uns eine große Chance, europäische Politik noch stärker prägen zu können", erklärte CSU-Chef Horst Seehofer. Weber unterstreiche damit den Anspruch der CSU als bayerische Partei mit bundesweitem Anspruch und europäischer Verantwortung. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unterstützt Weber. Man werde gemeinsam daran arbeiten, die Bewerbung voranzubringen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betonte: "Wichtig ist, dass wir einen Schulterschluss haben zwischen Bayern, Berlin und Brüssel."