- von Andreas Framke und Hans Seidenstuecker und Patricia Uhlig
Frankfurt (Reuters) - Seit Monaten reißen die Spekulationen über eine Not-Fusion der krisengeplagten Deutschen Bank (DE:DBKGn) nicht ab, doch der neue Chef Christian Sewing will davon nichts wissen.
"Wir haben unseren Plan und den arbeiten wir ab", sagte Sewing am Freitag in Frankfurt. "Über alles andere mache ich mir keine Gedanken." 2018 stand erstmals nach drei Verlustjahren in Folge wieder ein Gewinn zu Buche. Sewing sieht darin die Bestätigung, dass das Institut auf dem "richtigen Weg" ist. Die leidgeprüften Aktionäre teilten Sewings Analyse nicht: Das Papier gab um mehr als drei Prozent nach.
Eine Fusion zwischen der Deutschen Bank mit einem anderen Geldhaus - sei es der heimische Konkurrent Commerzbank (DE:CBKG) oder ein europäisches Kreditinstitut - wird nach Einschätzung von Insidern immer wahrscheinlicher. Die Analyse der Situation habe sich bei den Banken, bei Analysten, einigen Anteilseignern und im Finanzministerium in Berlin zuletzt deutlich geändert, hatte eine mit der Angelegenheit vertraute Person am Donnerstag zu Reuters gesagt. Vor wenigen Monaten noch habe man gedacht, die Banken hätten mehr Zeit, ihre Hausaufgaben zu machen. Das werde jetzt nicht mehr so gesehen. Die Entscheidung müsse schneller fallen. Auch aus dem Umfeld eines wichtigen Aktionärs hatte es zuletzt geheißen, die Lage habe sich in den vergangenen Wochen klar zugespitzt. Man wolle aber noch abwarten, wie die Bilanzen der beiden Banken am Markt aufgenommen würden. Die Commerzbank präsentiert ihre Zahlen am 14. Februar.
KLEINE BRÖTCHEN
Die Deutsche Bank verdiente im abgelaufenen Jahr unter dem Strich 341 Millionen Euro, nach einem Verlust von 735 Millionen im Jahr 2017. Hätten die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die imageschädigenden Fernsehbilder der Geldwäsche-Razzia im November der Bank nicht das Schlussquartal verhagelt, wäre dieses Mal womöglich sogar noch etwas mehr drin gewesen. Aber es gibt eben keine Reserven mehr. Von der mächtigen US-Konkurrenz sind die Frankfurter so weit entfernt wie nie. Allein JP Morgan fuhr 2018 einen Gewinn von fast 33 Milliarden Dollar ein - und hatte mit den selben Turbulenzen im Kapitalmarktgeschäft zu kämpfen. Der Börsenwert der Deutschen Bank ist auf 15 Milliarden Euro geschrumpft, ein vergleichsweise kleiner Happen für große internationale Rivalen, sollten diese irgendwann auf Einkaufstour gehen. Sewing, der vor gut zehn Monaten das Zepter vom glücklosen Briten John Cryan übernommen hatte, sieht die Deutsche Bank deshalb "noch lange nicht" dort, wo er sie haben will.
Ein Blick in die Jahresbilanz belegt diese Einschätzung: Weder die chronische Schwäche der einst weltweit führenden Investmentbank scheint der Vergangenheit anzugehören, noch sprudeln im Privat- und Firmenkundengeschäft oder bei der Vermögensverwaltung die Gewinne. Alexandra Annecke, Fondsmanagerin bei Union Investment, sieht die Deutsche Bank entsprechend kritisch: "Die Schwäche im Investmentbanking ist eklatant. Hier muss es endlich gelingen, die Marktanteilsverluste zu stoppen. Die Investoren brauchen einen langen Atem. Die Wende lässt weiter auf sich warten."
Sewing will diese Wahrnehmung ändern und auch dieses Jahr wieder einen Gewinn schaffen. Ziel sei es, die Bank nach dem Abbau Tausender Stellen und dem Rückzug aus weniger rentablen Geschäften etwa in den USA auf Wachstum zu trimmen, sagte er. "Wir werden 2019 die Kosten weiter senken und gleichzeitig in Wachstum investieren." Viele Analysten fragen sich, wo das Wachstum herkommen soll. 2018 sanken die Einnahmen um vier Prozent auf 25,3 Milliarden Euro.
Der Stellenabbau - bis Ende des Jahres soll es deutlich weniger als 90.000 Deutschbanker geben - läuft nach Konzernangaben planmäßig. Auch auf der Kostenseite sieht Sewing Erfolge und wird etwas ehrgeiziger. In diesem Jahr sollen sie auf 21,8 Milliarden Euro sinken. 2018 lagen die bereinigten Kosten bei rund 22,8 Milliarden Euro und damit leicht unterhalb der Zielmarke von 23 Milliarden. Die Aktionäre sollen eine stabile Dividende von elf Cent je Aktie bekommen.
AUSGEBREMST
Im Schlussquartal rutschte die Deutsche Bank sogar wieder in die roten Zahlen. Das Minus belief sich auf netto 409 Millionen Euro. Vor allem der Handel mit festverzinslichen Wertpapieren - einst die Paradedisziplin der Frankfurter - schwächelte. Hier brachen die Erträge um 23 Prozent auf 786 Millionen Euro ein. Das Investmentbanking insgesamt, das neben dem Handel auch das Beratungsgeschäft bei Fusionen und Übernahmen und die Begleitung von Kunden etwa bei Börsengängen umfasst, musste im Gesamtjahr deutliche Einbußen hinnehmen. Die Erträge sanken um mehr als eine Milliarde auf rund 13 Milliarden Euro. Vor Steuern blieben davon nur 530 Millionen Euro übrig - halb so viel wie vor Jahresfrist.
Auch in der Vermögensverwaltung - hauptsächlich verbirgt sich dahinter die im vergangenen Frühjahr an die Börse gebrachte Fondsgesellschaft DWS - lief es nicht rund. Hier halbierte sich das Ergebnis auf 367 Millionen Euro. Das Privat- und Firmenkundengeschäft, in dem auch die Postbank enthalten ist, konnte hingegen die Erträge stabil halten und beim Ergebnis sogar von 465 auf 829 Millionen Euro zulegen.