Investing.com - Knapp vorbei ist auch daneben.
Der Dow Jones ging gestern bei 29.966 Punkten aus dem Handel und damit auf einem neuen Rekordhoch. Am Ende fehlten nur 34 Punkte, um die magische Marke von 27.000 Punkten zu knacken.
Schwache US-Konjunkturdaten haben den S&P 500 nicht daran gehindert, den dritten Tag in Folge auf einem neuen Allzeithoch zu schließen. Die psychologisch bedeutenden Marke von 3.000 wurde am Ende um läppische 5 Punkte verfehlt.
Treibstoff lieferte die Aussicht auf eine weiter lockere Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken (Fed, EZB, BoE usw.) auf der ganzen Welt, die Renditen weltweit in den Keller schickte und die Kurse von Anleihen nach oben schnellen ließ. Gold als renditelose Anlage profitierte ebenfalls und stieg so stark an wie zuletzt am Tag des Brexit-Referendums.
Anleger scheinen aktuell einfach alles zu kaufen, was der Markt hergibt. Warum auch nicht? Das Geld ist und bleibt billig und Alternativen sind Mangelware.
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Einer derjenigen, der alles kauft, ist James Whelan, Investment Manager bei VFS Group Global Macro Fund. Aber mittlerweile ist er an einem Punkt angekommen, an dem er bereit ist, seine Gewinne vom Tisch zu nehmen, da die Risiken stark zunehmen, vor allem mit Blick auf die bevorstehende US-Berichtssaison.
In einem Interview mit dem US-Finanzportal MarketWatch sagte Whelan, dass die kommende US-Berichtssaison für das zweite Quartal ein großer Stimmungstest für die Märkte darstellt. Für ihn ist es vor allem interessant zu sehen, wie sich die Gewinne der Unternehmen vor dem Hintergrund der wachsenden Handelsspannungen entwickelt haben.
"Wir könnten die Berichtssaison auch "Verbrennungssaison" nennen, da sich viele Anleger, die auf weiter steigende Kurse setzen, stark die Finger verbrennen könnten", sagte er. Der Grund dafür sei, dass die Anleger schlichtweg zu sorglos sind.
Whelan sagte, dass er Anfang Mai einen Aufwärtstrend bei den Schwellenländerwährungen, Gold und vielen Aktien außerhalb Europas erkannte, insbesondere bei globalen Momentumaktien über den iShares MSCI World Momentum Factor UCITS (SIX:IWMO). Der Fonds umfasst starke Trendaktien wie wie Amazon (NASDAQ:AMZN), Microsoft (NASDAQ:MSFT) und Visa (NYSE:V).
Der Investmentmanager sagt voraus, dass sich Großanleger angesichts des "perfekten Sturms" in Form einer verkürzten US-Handelswoche und der bevorstehenden US-Berichtssaison von ihren Positionen trennen und Kasse machen könnten. Durch den Kursrücksetzer könnten Stopp-Loss-Orders ausgelöst werden, die die Verkaufslawine verstärken.
Ein weiteres Risiko sei die so genannte Blackout-Period, bei der die Unternehmen eine Sperrfrist für Aktienrückkäufe haben. Auch dies könnte die Aktienmärkte kurzfristig unter Druck setzen.
Für Whelan ist daher Geduld die Mutter der Porzellankiste. "In einigen Wochen werden wir wissen, wie stark die US-Unternehmen unter dem Handelskonflikt gelitten haben und zukünftig leiden werden". Er sei jedoch bereit, in jeden Rücksetzer zu kaufen, vorausgesetzt, dass zwei Bedingungen auch weiterhin erfüllt sind.
"Die Weltwirtschaft darf nicht umkippen und das Geld muss relativ günstig bleiben (niedrigere Zinsen). Dann haben wir keinen Grund, nicht bullisch zu sein", sagte er.
Und die Chancen dafür stehen gut, nachdem Christine Lagarde, die als Freund der lockeren Geldpolitik gilt, für die Nachfolge von EZB-Chef Mario Draghi nominiert wurde und Trump die Goldstandard-Befürworterin Judy Shelton für einen Posten bei der Fed vorschlug.
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