Madrid (Reuters) - Der entmachtete katalanische Präsident, Carles Puigdemont, hat eine Lösung des Katalonienstreits ohne eine Abspaltung der Region nicht ausgeschlossen.
"Ich bin bereit, und ich war immer bereit, eine andere Beziehung mit Spanien zu akzeptieren ... Das (eine andere Lösung) ist noch immer möglich", sagte Puigdemont in einem Interview der belgischen Zeitung "Le Soir" am Montag. Wie er sich konkret diese Beziehung vorstellt, ließ er offen. Puigdemont hatte schon früher mehrfach gesagt, die Unabhängigkeitserklärung habe die Grundlage für politische Verhandlungen mit Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy sein sollen.
Wegen dieser Erklärung entmachtete Rajoy die katalanische Regierung und schrieb sie zur Fahndung aus. Puigdemont setzte sich nach Belgien ab und ist dort unter Auflagen auf freiem Fuß. Rajoy verteidigte sein Vorgehen. Mit Puigdemont sei keine politische Lösung möglich gewesen, sagte er dem "Handelsblatt": "Es gab keine Alternative." Jedes Land verteidige seine territoriale Integrität. "Ich habe eine breite politische Unterstützung anderer Parteien in Spanien gesichert, um auf die Krise zu reagieren."
SINKENDE ZUSTIMMUNG FÜR SPANISCHE REGIERUNG
Rajoys Minderheitsregierung verliert in der Katalonien-Krise allerdings an Rückhalt. Nach einer am Montag veröffentlichten Erhebung für die Zeitung "El Pais" befürworten 55 Prozent der Spanier Neuwahlen, während es im Oktober nur 49 Prozent waren. Die Amtszeit des konservativen Regierungschefs läuft bis 2020. Rajoy war es nach der letzten Wahl nicht gelungen, eine Koalition mit einer Mehrheit im Parlament zu bilden. Das erschwert die Gesetzgebung.
Wegen der Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens durchlebt Spanien die schwerste politische Krise seit dem Ende der Franco-Diktatur in den 70er Jahren. Die eigentlich autonome Region steht inzwischen unter direkter Verwaltung der Zentralregierung, weil das Parlament in Barcelona für die Loslösung gestimmt hatte. Mehrere Mitglieder der abgesetzten Regierung sitzen in Haft.
Der Umfrage zufolge würde Rajoys Volkspartei die Wahl mit 26,1 Prozent erneut gewinnen, während die Sozialisten und die liberale Bewegung Ciudadanos etwa gleichauf folgen. Die Ciudadanos haben zwar ihre Wurzeln in Katalonien, setzen sich aber für die Einheit des Königreiches ein. Sie kommen der Erhebung zufolge auf 22,7 Prozent, während es im Juli 18,5 Prozent waren. Die linkspopulistische Partei Podemos büßt dagegen an Rückhalt ein und rutscht unter 15 Prozent. Sie macht sich dafür stark, dass die Katalanen legal über eine Unabhängigkeit abstimmen dürfen. Das Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober war nach Ansicht der Zentralregierung und der Justiz illegal.
Rajoy geht nach eigenen Worten davon aus, dass die Separatisten bei der von ihm angesetzten Regionalwahl in Katalonien am 21. Dezember an Rückhalt verlieren werden. Sie könnten ihre Versprechen nicht einlösen, sagte der Politiker in dem Interview. Er verwies etwa darauf, dass kein EU-Staat die Unabhängigkeitsbestrebungen unterstützt. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani lehnte eine Vermittlung der Europäischen Union erneut strikt ab. "Der Konflikt ist eine innere Angelegenheit des Landes", sagte der Italiener der Funke-Mediengruppe.