FRANKFURT (dpa-AFX) - Offene Immobilienfonds genießen wieder mehr Vertrauen. Nachdem Investoren seit Beginn der Finanzkrise lange Zeit massiv Fonds-Anteile verkauften, hat sich der Trend spätestens im vergangenen Jahr gedreht. Der Mangel an Anlage-Alternativen bescherte der Branche 2013 unter dem Strich einen Zufluss von 3,4 Milliarden Euro - und das trotz neuer gesetzlicher Hürden.
'Solide offene Immobilienfonds werden heute als langfristige Sachwertanlage gekauft', sagt Portfolio-Manager Lothar Koch von GSAM + Spee Asset Management. Bei den Neuanlegern sei die Zeit der Angst vor einer neuerlichen Schließungswelle passé.
Vielmehr erinnerten sich die Investoren wieder an die Vorteile der Anlageform, die es auch Kleinsparern ermöglicht, ihr Geld in Immobilien zu stecken. Dank des Booms beim 'Beton-Gold' böten sie zudem vergleichsweise hohe Erträge. 'Viele offene Immobilienfonds bieten derzeit Renditen zwischen zwei und vier Prozent, die für Sparverträge nach konventionellem Muster kaum erzielbar erscheinen', sagt Ulrich Köster von der Value Experts Vermögensverwaltungs AG.
Außerdem suchten Anleger händeringend nach Inflationsschutz, ergänzt Thomas Wüst, Geschäftsführer der Valorvest Vermögensverwaltung. Zwar deutet aktuell kaum etwas auf steigende Preise in Europa hin. Allerdings ist das Misstrauen gegenüber den offiziellen Statistiken hoch: Nach Meinung vieler Menschen ist das Inflationsgespenst längst da, wenn sie etwa an die anziehenden Lebensmittelpreise denken.
Hinzu kommt die Furcht vor Preiszuwächsen, wenn die Konjunktur deutlich anspringen sollte und die Banken das billige Zentralbankgeld an Konsumenten und Firmen weiterreichen. In diesem Fall müssten die Währungshüter die Leitzinsen erhöhen, um die Inflationsgefahr zu bekämpfen. Das Nachsehen hätten Anlagen wie Aktien und Anleihen - aber nicht unbedingt Immobilien, erklärt Professor Steffen Sebastian von der Universität Regensburg: Offene Immobilienfonds böten einen gewissen Schutz gegen Turbulenzen an den Finanzmärkten - sofern die Anlagen breit gestreut seien, um die Risiken zu reduzieren.
Interessenten brauchen zwar einen langen Atem, wenn sie alle Vorteile dieser Fonds nutzen möchten. Doch genau dieses Langfristdenken fehlte einigen professionellen Investoren, als sie 2008 hart von der Insolvenz der US-Bank Lehman Brothers getroffen wurden und dringend Bargeld brauchten. Deshalb trennten sie sich rasch von offenen Immobilienfonds, was eine gewaltige Rückgabewelle vonseiten der Privatanleger auslöste.
Eine Reihe von Anbietern hat dies nicht verkraftet, weil sie ihre Immobilien in so kurzer Zeit nicht zu vernünftigen Preisen veräußern konnten. Also schlossen sie erst mal ihre Tore. Die meisten dieser in Schieflage geratenen Fonds werden inzwischen abgewickelt und müssen ihre Immobilien nun abgeben.
Zeitweise wurde Investoren der Zugriff auf rund 30 Milliarden Euro verweigert. Das entspricht einem knappen Drittel des Volumens derjenigen offenen Immobilienfonds, die für Privatanleger konzipiert sind. Entsprechend groß war die Empörung in der Bevölkerung über die vielen Fondsschließungen.
In der Folge stärkte die Politik die Rolle der offenen Immobilienfonds als langfristig orientierte Anlage. So gilt nun eine Mindesthaltefrist von zwei Jahren. Sonderregeln aber gibt es für Investoren, die bereits vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes am 22. Juli letzten Jahres Anteile an offenen Immobilienfonds gezeichnet hatten. Sie dürfen zum Beispiel weiterhin halbjährlich Anteile in Höhe von bis zu 30 000 Euro zurückgeben.
Die neuen Regeln lösen jedoch nicht den grundsätzlichen Widerspruch zwischen der täglichen Verfügbarkeit eines Investmentfonds und dem langfristigen Anlagecharakter einer Immobilie. 'Der Gesetzgeber hat die gravierenden Konstruktionsmängel offener Immobilienfonds nicht beseitigt, sondern nur ein wenig abgeschwächt', meint Wüst. Über den Zeitpunkt des Verkaufs einer Immobilie sollte immer der Eigentümer selbst individuell entscheiden können.
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---