Investing.com - Die Renditen befinden sich weltweit im Höhenflug und senden Warnsignale aus. Nach einem für die Märkte ungemütlichen September könnte die hohe Verzinsung von US-Staatsanleihen für weitere Turbulenzen sorgen.
Zehnjährige Staatsanleihen rentierten zuletzt mit 4,72 %. Damit wurde zwar der zuvor erreichte Höchststand von 4,89 % deutlich unterschritten, das Renditeniveau ist aber zum Vergleich der letzten Jahre immer noch extrem hoch.
Laut Jeffrey Gundlach, Hedgefondsmanager von DoubleLine Capital, läuten die Rezessionsglocken am Bondmarkt immer lauter.
So hat sich der Spread zwischen zwei- und zehnjährigen Treasuries zuletzt auf nur noch minus 32 Basispunkte eingeengt, nachdem er im Juni noch bei minus 110 Punkten gelegen hatte. Diese "Ent-Invertierung" des wichtigsten Teils der Renditekurve könnte ein deutliches Zeichen für einen bevorstehenden Konjunkturabschwung sein, warnte Gundlach.
"Jeder sollte auf Rezessionswarnung schalten, nicht nur auf Rezessionsbeobachtung", sagte Gundlach in einem Beitrag auf dem Kurznachrichtendienst X. Wenn die Arbeitslosenquote nur um ein paar Zehntel steige, stehe man kurz vor einer Rezession, warnte er.
Eine Inversion - etwa im Juni 2022 - dieser speziellen Zinskurve gilt als Hinweis auf eine bevorstehende Rezession. Den Beginn des Abschwungs markiert dann in der Regel die Umkehr eines solchen Zustands.
Ein weiteres Warnsignal sendet der Dow Jones Transportation Index, der die wichtigsten Transportunternehmen der USA abbildet. Der Index fiel am Dienstag zum ersten Mal seit dem 1. Juni unter seine relevante 200-Tage-Linie.
Die 200-Tage-Linie ist für Investoren - vor allem in den USA - von großer Bedeutung, da sie den langfristigen Trend eines Vermögenswertes darstellt. Ein Unterschreiten dieser Linie kann ein Warnsignal sein und auf eine mögliche Fortsetzung des Abwärtstrends hindeuten.
Der Dow Jones Transportation Index gilt als Frühindikator für die Konjunktur. Wenn er sinkt, kann dies darauf hindeuten, dass die Wirtschaft in eine Rezession oder einen Abschwung gerät. Rückgänge im Index können bedeuten, dass weniger Güter verschifft oder transportiert werden, was wiederum auf eine Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität hindeutet.
Trotz hoher Renditen hält sich die US-Wirtschaft derzeit aber noch relativ gut. Im zweiten Quartal 2023 stieg das reale BIP in den USA saisonbereinigt und auf das Jahr hochgerechnet um schätzungsweise 2,1 % gegenüber dem Vorquartal und um 2,4 % gegenüber dem Vorjahresquartal. Allerdings mehren sich die Anzeichen einer Schwäche, insbesondere beim Konsum, der Stütze der US-Wirtschaft. Das US-Verbrauchervertrauen der Universität Michigan, das unter anderem wegen der Inflationserwartungen der Verbraucher viel beachtet wird, fiel mit 67,7 schwächer aus als erwartet. Historisch betrachtet liegt das Konsumbarometer im Durchschnitt bei 86 Punkten.
Belastend wirkt auch die Aussicht auf eine weitere Straffung der Geldpolitik, insbesondere nach den zu Wochenbeginn veröffentlichten Daten zu den offenen Stellen in den USA, die überraschend angestiegen waren. Die Zahl der offenen Stellen in Prozent der US-Erwerbsbevölkerung stieg im August 2023 auf 5,7 %, nach 5,3 % im Juli und dem Rekordhoch von 7,3 % im März 2022, und liegt damit immer noch deutlich über dem Wert von 4,3 % im Februar 2020 (vor der Pandemie).
Im August gab es 3,3 Millionen mehr offene Stellen als Arbeitslose, im März 2022 war die Differenz mit 6,1 Millionen so groß wie nie zuvor. Zum Vergleich: Im Februar 2020 gab es nur 1,3 Millionen mehr offene Stellen als Arbeitslose. Laut Fed-Chef Powell treibt die historisch hohe Kluft zwischen offenen Stellen und Arbeitslosen die Lohninflation, die sich in der allgemeinen Preisinflation niederschlägt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed den Leitzins bei ihrer nächsten Sitzung am 1. November um einen Viertelpunkt auf 5,50 bis 5,75 % anheben wird, lag am Donnerstag bei 25,1 %, verglichen mit 16,4 % in der vergangenen Woche.
Auch US-Bankaktien sind derzeit einen Blick wert, um das Rezessionsrisiko einzuschätzen. Sie müssen an einer möglichen Markterholung partizipieren, um die Hoffnung einiger Analysten zu bestätigen, dass höhere Zinsen die US-Wirtschaft im nächsten Jahr nicht in eine Rezession stürzen werden. Die Stimmung in dieser Kategorie ist schlecht, und die hohen Dividendenrenditen der meisten Bankaktien (NASDAQ:KBWB) im S&P 500 deuten auf einen deutlichen Rückgang der Rentabilität in den nächsten 12 Monaten hin, den die Wall Street-Analysten in ihren Schätzungen für 2024 noch nicht berücksichtigt haben. Dasselbe gilt für die Erwartungen des Managements.
Im Vergleich zum S&P 500 weisen Banken derzeit eine rund dreimal höhere Dividendenrendite auf.
Der S&P Bank Index (NYSE:KBE) liegt immer noch 12 % über seinem Einjahrestief, das am 4. Mai im Zuge der Turbulenzen um den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (OTC:SIVBQ) erreicht wurde. Seit Jahresbeginn hat der KBE jedoch 21 % verloren, und die jüngsten Kursbewegungen lassen einen erneuten Test der Tiefststände durchaus möglich erscheinen.
Warnsignale kommen mittlerweile auch aus dem Junk-Bereich, der seit November letzten Jahres in einer engen Handelsspanne gefangen ist. So arbeitet der SPDR® Bloomberg High Yield Bond ETF (NYSE:JNK), der als Proxy für den Junk-Bereich gilt, an einem Ausbruch aus seinem Wimpelmuster, wie Chris Kimble, Chef von Kimble Charting Solutions, in einem Beitrag feststellt.
Fällt der Kurs des ETF, steigt die Rendite. Unternehmen, die zur Finanzierung ihrer Geschäfte auf Hochzinsanleihen angewiesen sind, müssen unter Umständen höhere Zinsen zahlen, wodurch ihre Finanzierungskosten steigen. Dies könnte sich negativ auf die Gewinnmargen und Aktienkurse dieser Unternehmen auswirken. Gleichzeitig können sie auch auf eine Eintrübung der wirtschaftlichen Aussichten hindeuten. Solche Faktoren können sich auf den gesamten Aktienmarkt auswirken und die Volatilität erhöhen.
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