- von Bate Felix und Nina Chestney und Agnieska Barteczko
Kattowitz (Reuters) - Nach zähem Ringen haben sich knapp 200 Staaten im polnischen Kattowitz auf eine Strategie zur Umsetzung der Pariser Klimaziele von 2015 geeinigt.
Die UN-Klimakonferenz beschloss eine 156 Seiten starke Liste von Maßnahmen und Kontrollen, durch die der Anstieg der Durchschnittstemperaturen weltweit auf maximal zwei Grad Celsius begrenzt werden soll. Umweltverbände begrüßten die Einigung als wichtigen Fortschritt, der aber bei weitem nicht ausreiche, um einen Klimakollaps abzuwenden. Bundesumweltministerin Svenja Schulze bewertete das Ergebnis dagegen positiv. "Die Weltgemeinschaft hat jetzt das zweite Mal Ja zu Paris gesagt", sagte sie in Kattowitz: "Das ist ein ganz, ganz wichtiges Signal an die Welt." UN-Generalsekretär Antonio Guterres kündigte an, für ambitioniertere Klimaziele kämpfen zu wollen. Seine fünf Prioritäten seien von nun an: "Ehrgeiz, Ehrgeiz, Ehrgeiz, Ehrgeiz, Ehrgeiz."
Umweltverbände zeigten sich enttäuscht. "Wir sind empört, dass die Regierungen der Klimaschutz-Bremser trotz der schmelzenden Gletscher, brennenden Wälder und trockenen Flüsse sich nicht dazu entschieden haben, den Klimaschutz vor kurzfristige, wirtschaftliche Einzelinteressen zu stellen", erklärte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND), Hubert Weiger. Die Länder hätten sich nicht dazu durchringen können, die dringend benötigte Verbesserung der nationalen Klimaschutzpläne zu beschließen. "Um eine stetig schlimmer werdende Klimakrise zu verhindern, müssten die Länder ihre Klimaschutzziele entsprechend der 1,5-Grad-Grenze verbessern – das ist in Kattowitz nicht passiert."
Kritik kam auch vom WWF. "Am Ende dieses Jahres der Wetterextreme sind die Regierungen der Welt noch immer weit entfernt davon, die nötigen Klimaschutzmaßnahmen anzupacken", bemängelte der Klimaexperte vom WWF Deutschland, Michael Schäfer. "Eines ist ganz deutlich geworden: Die Regierungen der Welt brauchen viel mehr Druck von ihren Bürgerinnen und Bürgern, endlich mit dem Klimaschutz ernst zu machen." Der Naturschutzbund Deutschland monierte "gravierende Lücken" im Regelbuch. So sei die Begrenzung der Kohlendioxid-Emissionen aus der Holzverbrennung mangelhaft.
DEUTSCHE WIRTSCHAFT BEGRÜSST KLIMAEINIGUNG
Auch die Grünen zeigten sich unzufrieden. "Die wichtigste Klimakonferenz seit der Verabschiedung des Pariser Abkommens ist eine herbe Enttäuschung", erklärten die Grünen-Politiker Anton Hofreiter und Lisa Badum. "Die zentrale Frage aber – was die einzelnen Staaten zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels beitragen – blieb vollkommen unbeantwortet." Schuld daran sei auch die Bundesregierung, die den Kohleausstieg vertage, die Verkehrswende verschlafe und die EU-Klimaziele immer wieder verwässere. "Wer selber nicht liefert, kann anderen keine Zugeständnisse abringen."
Die deutsche Wirtschaft begrüßte die Einigung von Kattowitz. "Wichtig für die Unternehmen ist, dass alle Staaten ähnlichen Verpflichtungen unterliegen und der Klimaschutz dadurch weltweit vorangetrieben wird", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. "Besonders Schwellenländer werden nun perspektivisch auch stärker in die Pflicht genommen und müssen über die Einhaltung ihrer Ziele detailliert berichten."
Bundesumweltministerin Schulze hob hervor, dass es ab 2024 zum ersten Mal gemeinsame verbindliche Mindeststandards zur Berichterstattung der Staaten über ihre Treibhausgas-Emissionen gebe. Von Kattowitz gehe das Signal aus, "dass wir beim Klimaschutz nicht stehen bleiben dürfen, sondern gemeinsam immer besser werden müssen". Die Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Klimaschutz, Anja Weisgerber, sagte, dass Deutschland seine Hausaufgaben mache. "Im nächsten Jahr werden wir ein Klimaschutzgesetz verabschieden, welches sicherstellt, dass wir unser Klimaziel 2030 erreichen. Hierfür werden neben dem Energiesektor auch alle anderen Bereiche – Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft – einen Beitrag leisten müssen."
Das Regelbuch soll die Pariser Klimakonferenz von 2015 umsetzen, bei der das Zwei-Grad-Ziel beschlossen wurde. Dabei geht es beispielsweise darum, wie die Länder ihre nationalen Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgase erfassen und berichten oder wie sie ihre Klimaschutzziele überarbeiten können.