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ROUNDUP 2: Abgas-Affäre soll den Umbau bei VW befördern - Aufarbeitung dauert an

Veröffentlicht am 10.12.2015, 16:26
Aktualisiert 10.12.2015, 16:30
© Reuters.  ROUNDUP 2: Abgas-Affäre soll den Umbau bei VW befördern - Aufarbeitung dauert an
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WOLFSBURG/BERLIN (dpa-AFX) - Der Abgas-Skandal zwingt Volkswagen (XETRA:VOW3) zu einer schnelleren Neuausrichtung des riesigen Autokonzerns. "Wir werden es nicht zulassen, dass uns diese Krise lähmt", sagte Vorstandschef Matthias Müller am Donnerstag bei der Vorlage einer ersten Zwischenbilanz. "Wir nutzen sie als Katalysator für den Wandel, den Volkswagen braucht." Strukturen und Denkweisen müssten sich ändern, auch damit künftig ähnliche Krisen verhindert werden. Die Folgen des Abgas-Skandals sind allerdings immer noch gravierend.

Wenn es Europas größtem Autobauer gelinge, aus den millionenfachen Falschangaben zum Stickoxid-Ausstoß von Dieselwagen Lehren zu ziehen, könne es wieder bergauf gehen, sagte Müller. "So ernst die aktuelle Situation auch ist: Dieses Unternehmen wird nicht daran zerbrechen." Das Top-Management werde VW (XETRA:VOW3) künftig weniger zentralistisch führen. "Diese Neuausrichtung wäre früher oder später ohnehin nötig gewesen", meinte der Vorstandschef. Einen Absatzeinbruch gebe es bisher nicht.

KLEINER KREIS VON VERDÄCHTIGEN

Bei der Suche nach Verantwortlichen für den weltweiten Diesel-Skandal hat die VW-Spitze weiterhin nur einen relativ kleinen Kreis von Verdächtigen im Visier. "Wir halten es für wahrscheinlich, dass nur eine überschaubare Zahl an Mitarbeitern aktiv zu den Manipulationen beigetragen hat", sagte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch in Wolfsburg. Erstmals seit Ausbruch der Krise stand die VW-Spitze der Öffentlichkeit Rede und Antwort.

Inzwischen habe man über 1500 elektronische Datenträger eingesammelt, um Hinweise auf den Ursprung der Affäre zu finden. Es seien zudem 87 Interviews im Rahmen der Ermittlungen geführt worden. "Viele weitere werden noch folgen", kündigte Pötsch an. Rund 450 Experten arbeiteten an der Aufklärung. Ziel sei es, bis zur Hauptversammlung am 21. April 2016 einen vollständigen Überblick über die Ergebnisse zu liefern.

VW hatte Mitte September zugegeben, in rund elf Millionen Dieselmotoren eine Software eingesetzt zu haben, die Daten zum Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxid-Abgase schönte. Für die Bewältigung der Krise wurden bisher Rücklagen von 6,7 Milliarden Euro gebildet.

VIER-AUGEN-PRINZIP UM MANIPULATION ZU ERSCHWEREN

Man achte nun auch in der Entwicklung strenger auf die Einhaltung von Regeln. So werde bei der Software-Entwicklung für Motorsteuergeräte auf das Vier-Augen-Prinzip gesetzt, um Manipulationen zu erschweren. Zudem sollen Emissionstests grundsätzlich extern untersucht werden.

Pötsch sagte, der Abgas-Skandal sei eine der größten Bewährungsproben in der Volkswagen-Geschichte. "Die Krisenfolgen werden vermutlich beträchtlich sein", meinte er mit Blick auf die finanziellen Folgen.

VERTRAUEN ZURÜCK GEWINNEN

Es gehe darum, das Vertrauen von Kunden, Investoren, Mitarbeitern und Öffentlichkeit zurück zu gewinnen. VW werde "schonungslos" aufklären: "Alles kommt auf den Tisch, nichts wird unter den Teppich gekehrt."

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer kritisierte, das bloße Ausrufen einer neuen Kultur reiche nicht aus. "Vertrauen baut man anders auf", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Die Kultur müsste man dadurch ändern, dass man die Mehrheitsverhältnisse im Aufsichtsrat ändert.

RÜCKRUF STARTET ANFANG JANUAR

Anfang Januar soll der Rückruf der betroffenen Dieselautos starten. Verbraucherschützer fordern Klarheit für die Kunden. Die Autofahrer erwarteten, "dass VW endlich aufklärt, wie der Rückruf abgewickelt und wie der Konzern weitere Ansprüche entschädigen wird", sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. "Insbesondere ein möglicher Wertverlust des Autos oder Mehrverbrauch nach Umrüstung darf nicht zulasten der Verbraucher gehen."

Nach Angaben Pötschs kommt die Aufklärung der Affäre voran. Der Ursprung der "Stickoxid-Thematik" habe weitgehend nachvollzogen werden können: "Sie stellt sich nicht als einmaliger Fehler, sondern als Fehlerkette dar, die nicht durchbrochen wurde." Ausgangspunkt sei die groß angelegte Diesel-Offensive von VW im Jahr 2005 gewesen.

Der Konzern steckte damals in den USA in einer Absatzkrise und hinkte der Konkurrenz hinterher. Man habe keinen Weg gefunden, strengere Stickoxid-Normen in den Vereinigten Staaten im vorgegebenen Zeit- und Kostenrahmen zu erfüllen. So sei es zum Software-Einbau gekommen. Die Führung habe nichts vom Betrug gewusst. "Wir haben keine Erkenntnisse über die Involvierung von Aufsichtsrat oder Vorstand vorliegen."

NEUAUSRICHTUNG - VERÄNDERTES KLIMA

Volkswagen hatte bereits eine Neuausrichtung des riesigen Konzerns auf den Weg gebracht. So sollen die Marken und Regionen künftig mehr Verantwortung bekommen. Beim von Müller ausgerufenen "Kulturwandel" geht es darum, enger zusammenzuarbeiten und eine offene Diskussion über Fehler zuzulassen. Müller: "Wir brauchen keine Ja-Sager, sondern Manager und Techniker, die mit guten Argumenten für ihre Überzeugungen und ihre Projekte kämpfen - die unternehmerisch denken und agieren."

Dieses veränderte Unternehmensklima sieht Müller - neben Integrität und Nachhaltigkeit - als zentrale Säule beim Umbau an. Hinzu kommen die Digitalisierung und der Ausbau der bisher schleppend angelaufenen Elektromobilität. "Unser Anspruch ist es, diesen Entwicklungen nicht hinterherzulaufen, sondern sie maßgeblich mitzugestalten.

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