- von Markus Wacket
Berlin (Reuters) - Nach einem Eisenbahnerstreik mit bundesweitem Chaos im Berufsverkehr können Reisende wieder auf planmäßige Züge hoffen.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und die Bahn kündigten neue Verhandlungen für Dienstag an. Neue Streiks wird es daher laut EVG vorerst nicht geben. Die Bahn zeigte sich zuversichtlich: "Wir sind sehr optimistisch und gehen mit großem Einigungswillen in die Gespräche", sagte Sprecher Achim Stauß am Montag. Die EVG hatte zuvor mit ihrem rund vierstündigen Ausstand große Teile des Zugverkehrs lahmgelegt und Millionen Berufspendler getroffen. Der Fernverkehr mit ICE und IC wurde zeitweise komplett eingestellt, ebenso der Nahverkehr in Ballungsräumen wie Frankfurt. Nach Streik-Ende gegen neun Uhr vormittags lief der Verkehr langsam wieder an. Verspätungen und Ausfälle vor allem im Fernverkehr zogen sich jedoch weit in den Tag.
Die Gewerkschaft hatte die Tarifverhandlungen am Wochenende für gescheitert erklärt, nachdem die Bahn die seit zwei Monaten laufenden Gespräche vertagen wollte. Mit dem Warnstreik am Montagmorgen wollte sie ihrer Forderung nach mehr Geld und besseren Arbeitsbedingungen beim Staatskonzern Nachdruck verleihen. Die Auswirkungen überraschten den Konzern: "Dass der Streik so massiv wird, war zunächst nicht zu erwarten", sagte Bahn-Sprecher Achim Stauß. Die Gewerkschaft wiederum zeigte sich zufrieden. Tausende Mitarbeiter hätten gestreikt: "Das war ein voller Erfolg", sagte EVG-Geschäftsführer Torsten Westphal. "Jetzt ist der Bahn-Vorstand am Zuge. Der muss sich bewegen."
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer appellierte an die Tarifparteien, sich zügig zu einigen: "Die Angebote sind gemacht. Und für die Fahrgäste wäre es kurz vor Weihnachten auch gut, wenn man schnell eine Einigung hätte", sagte der CSU-Politiker dem Bayerischen Rundfunk.
STREIK LEGTE GROSSE TEILE DES BAHNVERKEHRS KOMPLETT LAHM
Deutschlandweit wurde zeitweise der Fernverkehr komplett eingestellt. Darüber hinaus gab es massive Störungen im Regional- wie auch S-Bahnverkehr. Besonders betroffen war Frankfurt, aber auch in München, Hamburg sowie in der Hauptstadt Berlin kamen viele Pendler zu spät zur Arbeit.
Ab Montagmittag kam der Verkehr langsam wieder in Schwung, wobei Nahverkehrs- und S-Bahnzüge wohl schon bis Abend wieder regulär fahren werden. Mit planmäßigen Fahrten im Fernverkehr ist jedoch wohl erst wieder am Dienstag zu rechnen. Wegen des Streiks konnten Züge nicht planmäßig gewartet und Personal nicht rechtzeitig zu den Einsatzorten gebracht werden. Die Bahn empfahl, nach Möglichkeit Reisen auf Dienstag zu verlegen. Tickets mit Zugbindungen könnten jetzt auch bis einschließlich Sonntag noch genutzt werden.
Aufgrund von Personalmangel, fehlenden Zügen sowie Engpässen im Netz haben sich Verspätungen bei Fernzügen zuletzt bereits gehäuft. Fast ein Drittel aller ICE und IC waren verspätet. Das Pünktlichkeitsziel von über 80 Prozent kann die Bahn eigenen Planungen zufolge erst 2025 erreichen.
Die Bahn ist in den Tarifverhandlungen in einer schwierigen Lage, da sie auch mit zurückgehenden Gewinnen und einem milliardenschweren Investitionsstau kämpft. Auf der anderen Seite fehlen Mitarbeiter und sie will im nächsten Jahr erneut gut 20.000 neue einstellen.
VERHANDLUNGEN MIT LOKFÜHRERGEWERKSCHAFT GDL AM DIENSTAG
Der Staatskonzern hatte der EVG eigenen Angaben zufolge ein Paket von rund sieben Prozent angeboten. Teil sei eine Lohn-Erhöhung von insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen und eine Einmalzahlung in Höhe von 500 Euro angeboten. Anstelle der zweiten Stufe sollte den Mitarbeitern wie im letzten Tarifvertrag die Wahl zu mehr Freizeit gegeben werden. Außerdem sei vorgesehen gewesen, dass der Arbeitgeberbeitrag zur betrieblichen Altersvorsorge um 1,1 Prozent steigt. Die EVG hatte 7,5 Prozent mehr Lohn und Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen verlangt.
Parallel zu den Gesprächen mit der EVG führt die Bahn auch Verhandlungen mit der kleineren Lokführergewerkschaft GDL. Auch hier wurde zwar noch keine Einigung erreicht, beide Seiten sprachen jedoch von Fortschritten. Die Gespräche sollen ebenfalls am Dienstag fortgesetzt werden. Die Bahn will mit beiden Gewerkschaften vergleichbare Ergebnisse für rund 160.000 Beschäftigte in Deutschland erreichen.