Im November 2021 standen Netflix (WKN: 552484)-Aktien noch bei 613 Euro und einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von fast 60. Natürlich notieren viele Qualitätswerte oft zu höheren KGVs. Dennoch kommt es auch in diesem Bereich oft zu drastischen Übertreibungen.
Netflix: Von einem Extrem ins nächste Peter Lynch verglich beispielsweise einfach das KGV mit der Wachstumsrate. Demnach war Netflix mit einer Umsatzwachstumsrate von 26,4 % Ende 2021 schon deutlich überteuert. Und dennoch gibt es immer noch Anhänger der Effizienzmarkttheorie. „Der Markt preist sofort alle Informationen ein. Somit kann ihn ein Anleger niemals übertreffen“, so die Behauptung.
Aber wer sich die fundamentale Netflix-Entwicklung einmal genauer ansieht und sie mit dem Kurs vergleicht, erkennt schnell, dass diese Theorie komplett danebenliegt.
Aufgrund eines Rückgangs der Abonnentenzahlen von nur 0,53 % gegenüber dem vierten Quartal 2021 sind Netflix-Aktien in den letzten Monaten mehr als 65 % gefallen (20.07.2022). Während der geringfügige Rückgang der zahlenden Kunden eher mit einer kleinen, gut begründeten Schwächephase vergleichbar ist, hat der Kurs reagiert, als würde Netflix in die Insolvenz rutschen. Irrationaler geht es kaum.
Value-Investoren nutzen die Irrationalität Doch clevere Investoren warten immer wieder auf panikartige Verkäufe, um exzellente Unternehmen zu günstigen Bewertungen kaufen zu können. Heute liegt das Netflix-KGV nur noch bei 18,7 und fällt somit im Vergleich zur Wachstumsrate nicht mehr hoch aus (20.07.2022).
Netflix berichtete darüber hinaus zuletzt über positive Ergebnisse und rechnet bald wieder mit steigenden Abozahlen. So legte der Umsatz im zweiten Quartal 2022 um 8,6 % auf 7.970 Mio. US-Dollar zu. Der operative Gewinn sank um 14,6 % auf 1.578 Mio. US-Dollar. Doch dafür stieg der Nettogewinn um 6,5 % auf 1.441 Mio. US-Dollar.
Die Zahl der Mitgliedschaften zog um 5,5 % auf 220,67 Mio. an. Besonders kurzfristig orientierte Spekulanten orientieren sich am Vorquartalsvergleich. Demnach verlor Netflix etwa 970.000 Kunden. Doch für das dritte Quartal 2022 prognostiziert das Unternehmen bereits einen Anstieg auf 221.67 Mio. Abonnenten.
Erreicht das Unternehmen diese Prognose, steht es nur 0,077 % unter dem Rekordwert vom vierten Quartal 2021.
Vergessen werden darf auch nicht, dass im ersten Quartal 2022 der Russland-Rückzug des Unternehmens einen großen Einfluss auf die Kundenzahlen ausübte. Netflix sieht zudem vernetztes Fernsehen, die Mehrfachnutzung von Mitgliedschaften, den Wettbewerb und ein schwächeres weltweites Wirtschaftswachstum als Gründe für den Rückgang.
Netflix-Wettbewerbsvorteile Der Streaming-Dienst besitzt jedoch weiterhin Vorteile, da er beispielsweise große Filme direkt anbieten kann. Zudem können die Kunden TV-Serien sehen, wann immer sie wollen. Dem Unternehmen kommt weiterhin sein breites Angebotsspektrum zugute. So erzielte es im zweiten Quartal 2022 mit der „Stranger Things“-Serie 1,3 Mrd. Zuschauerstunden.
Im ersten Halbjahr 2022 stieg der Umsatz um 9,2 % auf 15,8 Mrd. US-Dollar. Der Gewinn lag mit 3.038,4 Mio. nur leicht unter dem Vorjahreswert von 3.059,7 Mio. US-Dollar. Dies bedeutet eine Gewinnmarge von 19,2 %. Schlechte Unternehmen sehen anders aus.
Der Artikel Netflix-Aktie (NASDAQ:NFLX): Paradebeispiel eines irrationalen Marktes! ist zuerst erschienen auf The Motley Fool Deutschland.
Christof Welzel besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Netflix.
Motley Fool Deutschland 2022