FRANKFURT (dpa-AFX) - Die politischen Krisenherde weltweit dürften die Anleger auch in der neuen Börsenwoche beschäftigen. "Für den Dax (DAX) könnten unangenehme Wochen bevorstehen. Investoren sollten sich darauf einstellen, dass das perfekte Umfeld für Aktien langsam zu Ende geht", kommentierte Daniel Saurenz von Feingold Research die schwelenden Konflikte, die sich neben China, dem Iran und den Brexit-Verhandlungen neuerdings vor allem um die Türkei drehen. Er hält es für möglich, dass "die Aktienampel weltweit bald von grün auf gelb umspringt".
"Ein erneutes Aufbäumen in der kommenden Handelswoche dürfte schwierig werden", blickt auch Investmentanalyst Frank Klumpp von der LBBW pessimistisch auf den Dax. Er warnt davor, dass die zuletzt niedrige Volatilität an den Märkten die tatsächliche Risikolage in der saisonal schwierigen Sommerzeit nur unzureichend widerspiegele. Der VDax als Sorgenbarometer für den Dax stand zuletzt nahe 15 Punkten im unteren Bereich seines Korridors der letzten Jahre, erst am Freitag zog er wegen der Türkei-Sorgen merklich an.
Laut Klumpp sind die vor allem in den USA sehr gut ausgefallenen Unternehmensberichte bereits in den Preisen berücksichtigt, während von politischer Seite weiter Gegenwind drohe. Vor allem die heftige Abwertung der türkischen Lira hinterlässt neuerdings an den Finanzmärkten ihre Spuren. Die Währung erreichte zuletzt immer wieder Rekordtiefs zum Euro und zum US-Dollar. Am Freitag hatte sich der Verfall dann zugespitzt.
"Die rasante Abwertung der Lira lässt eine Zahlungsbilanzkrise immer wahrscheinlicher werden, und Präsident Erdogan scheint hier kein beherzter Krisenmanager zu sein", gibt sich Klumpp für die Situation in der Türkei skeptisch. Die Märkte und insbesondere Bankenaktien gerade in Spanien und Frankreich hatten sich davon am Freitag schon anstecken lassen. "Böse Erinnerungen an die Verwerfungen um Griechenland werden wach", warnt Experte Saurenz.
Auf Unternehmensseite lichtet sich in der neuen Woche die Berichtssaison - zumindest unter den Standardwerten im Dax, wo abgesehen von RWE (4:RWEG) am Dienstag und Henkel (4:HNKG_p) am Donnerstag kaum noch Zahlenvorlagen auf der Agenda stehen. In beiden Fällen lassen Experten Vorsicht walten wegen diverser Herausforderungen. Bei RWE glaubt das Analysehaus Jefferies, dass Wachstum inmitten des Umbruchs in der deutschen Versorgerbranche wohl auf sich warten lassen wird. Bei Henkel glaubt UBS (SIX:UBSG), dass mehr als nur ein bloßer Anstieg bei Umsätzen und Margen nötig sein wird, um den Aktien nach oben zu verhelfen.
Die Musik spielt ansonsten nur noch bei den Nebenwerten: Am Montag gilt es die Zahlen von Salzgitter (DE:SZGG), Talanx (4:TLXGn) und Scout24 (4:G24n) zu verarbeiten. Am Dienstag wird der Kalender unter anderem mit Bilfinger (4:GBFG), K+S (4:SDFGn), Symrise (4:SY1G), Ceconomy (4:MEOG), Nordex (4:NDXG) und Deutsche Wohnen (0:DWNId) nochmals voller. Am Mittwoch und am Donnerstag wird es dann aber mit Leoni (4:LEOGn) beziehungsweise Wirecard (4:WDIG) schon deutlich ruhiger.
Auf Konjunkturseite dürften am Dienstag die Daten zum deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Fokus stehen, ergänzt aus den USA mit den Zahlen zur Industrieproduktion und den Einzelhandelsumsätzen am Mittwoch und dem Verbrauchervertrauen am Freitag. Beim deutschen BIP rechnet die Postbank mit einem Anstieg um 0,4 Prozent zum Vorquartal, womit für das erste Halbjahr im Vergleich zur Vorperiode "eine deutliche Abkühlung der konjunkturellen Dynamik zu Buche" stehen würde.
Die Produktion in der US-Industrie befindet sich laut der Postbank seit über einem Jahr in einem beachtlichen Aufwärtstrend, der nun mit einem Anstieg um 4,2 Prozent zum Vorjahr auf den höchsten Wert seit mehr als sechs Jahren steigen dürfte. "Hiermit dürfte der Höhepunkt aber erreicht sein", ergänzten die Experten. Im US-Einzelhandel rechnen sie mit einem anhaltenden Aufwärtstrend, allerdings in etwas gemäßigterem Tempo. Autos ausgegrenzt, erwarten sie einen Zuwachs um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat.