Investing.com - Die Nio-Aktie (NYSE:NIO) steht in den letzten Tagen erneut unter Druck. Dies ist zum einen auf die Korrektur im EV-Sektor zurückzuführen, aber auch auf die schlechte Stimmung gegenüber chinesischen Aktien im Zuge der Regulierungswut der Führung in Peking.
Dennoch gilt Nio als aufgehender Stern auf dem chinesischen Markt für Elektromobilität. Im vergangenen Jahr hat die NIO-Aktie mehr als 1100 Prozent an Wert gewonnen. Seit den Corona-Tiefs ist die Aktie sogar um 1.580 Prozent explodiert. Weder Tesla (NASDAQ:TSLA) noch BYD (SZ:002594) konnten derart hohe Renditen vorweisen.
Gegen eine solche Wertentwicklung lässt sich also kaum argumentieren. Dennoch ist die NIO-Aktie im Jahr 2021 bisher um etwa 21 % gefallen. Das ist aber kein Beinbruch, vor allem wenn man sich die Performance des Global X Autonomous & Electric Vehicles ETF (NASDAQ:DRIV) vor Augen führt, der im bisherigen Jahresverlauf "nur" um 16 Prozent zugelegt hat, aber auch im Jahr 2020 lediglich um 62 % gestiegen ist. Eine tiefere Korrektur der NIO-Aktie ist daher nicht nur folgerichtig, sondern auch gesund.
Aber verständlicherweise fragen sich viele Anleger derzeit, ob jetzt ein guter Zeitpunkt zum Kauf der Nio-Aktie ist.
Warum ein weiterer Rückfall in Richtung 34 Dollar einen Kauf lohnenswert machen könnte, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Das in Shanghai ansässige Unternehmen Nio ist einer der ersten Akteure auf Chinas Markt für Premium-Elektrofahrzeuge. Der 2014 gegründete Elektrobauer machte auf dem Höhepunkt der Pandemie Schlagzeilen, als er sogar die massiven Kursgewinne der Tesla-Aktie in den Schatten stellte.
Für NIO sprechen ganz klar die Wachstumsaussichten in China und die Fähigkeit des Unternehmens, die Produktion in einem imposanten Tempo zu steigern. Mit 1,34 Millionen verkauften E-Fahrzeugen im vergangenen Jahr ist China der größte E-Fahrzeugmarkt der Welt. Auf China entfallen rund 45 Prozent der weltweiten Verkäufe von Elektroautos. Für 2021 wird ein Absatz von 1,9 Millionen prognostiziert.
Am 2. August gab die Nio-Geschäftsführung die Auslieferungszahlen für Juli bekannt. Obwohl ein weltweiter Mangel an Chips die Produktion derzeit einschränkt, hat Nio "im Juli 2021 7.931 Fahrzeuge ausgeliefert, was im Jahresvergleich ein starkes Wachstum von 124,5 Prozent bedeutet." Für das dritte Quartal rechnet Nio mit 23.000 bis 25.000 verkauften Fahrzeugen.
Nio hat in letzter Zeit in China sogar Marktanteile gegenüber Tesla gewonnen, dessen Marke von den chinesischen Behörden zunehmend unter die Lupe genommen wird. Nio gehört inzwischen zu den 10 größten Elektroautoanbietern in China. Allerdings steht das Unternehmen in hartem Wettbewerb mit Rivalen wie Li Auto (NASDAQ:LI) und Xpeng (NYSE:XPEV).
Nio zugute kommen dürfte dabei die kürzlich mit dem staatlichen Partner Jianghuai Automobile Group unterzeichnete neue Produktionsvereinbarung. Mit diesem Abkommen soll die derzeitige Produktionskapazität von Nio auf 240.000 Fahrzeuge pro Jahr mehr als verdoppelt werden.
Darüber hinaus hat das Unternehmen vor kurzem die erste Charge seines Flaggschiff-Elektro-SUV, den ES8, nach Norwegen ausgeliefert, womit das Unternehmen zum ersten Mal in der Firmengeschichte mit Fahrzeugen außerhalb Chinas an den Start geht. Die Kombination aus steigender Produktionskapazität und Expansion in einen neuen Markt stellt sicher, dass Nio dank der boomenden Elektroautoindustrie in China und im Ausland seine Umsätze in Zukunft deutlich steigern kann.
Obwohl Nio gerade dabei ist, seine Geschäftstätigkeit auszuweiten und seinen Markt zu vergrößern, schreibt das Unternehmen immer noch rote Zahlen, auch wenn der Fehlbetrag in den letzten Quartalen immer weiter geschmolzen ist. Nio hat Anfang August seine Ergebnisse für das zweite Quartal veröffentlicht. Der Gesamtumsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 127,2 Prozent auf 1,31 Milliarden US-Dollar. Der Verlust pro Aktie betrug 3 Cents. Analysten hatten mit 9 Cents pro Aktie gerechnet, nach minus 17 Cents vor einem Jahr. Die liquiden Mittel beliefen sich zum Quartalsende auf 7,5 Milliarden US-Dollar.
Mit einer Marktkapitalisierung von rund 62 Milliarden US-Dollar besteht noch erhebliches Wachstumspotenzial für das Unternehmen.
Sein Wachstumspotenzial ausschöpfen könnte Nio durch die jüngste Ankündigung, wonach man an einer neuen Marke für den Massenmarkt arbeitet, die ähnlich wie Volkswagen (DE:VOWG_p) und Toyota (T:7203) positioniert sein soll.
Der Automobilhersteller habe die Vorbereitungen intensiviert, um Produkte für den Massenmarkt unter einer anderen Marke zu entwickeln, und ein "Kernteam" sei als "erster Schritt einer strategischen Initiative" zusammengestellt worden, sagte Chief Executive William Li bei der Vorlage der Geschäftszahlen.
"Die Beziehung zwischen Nio und unserer neuen Marke für den Massenmarkt wird so sein wie die zwischen Audi und Volkswagen oder Lexus und Toyota", sagte Li.
"Wir wollen ein besseres Produkt und einen besseren Service zu Preisen anbieten, die unter denen von Tesla liegen."
Auch der kürzlich vom Autohersteller vorgestellte automatische Batteriewechsel-Service, der nicht nur die Markenloyalität erhöht, sondern auch eine zusätzliche Einnahmequelle schafft, könnte sich auf lange Sicht als entscheidender Wettbewerbsvorteil erweisen.
Nicht zuletzt dürfte Nio mit seinem Gesamtpaket natürlich weiterhin vom boomenden Markt für Elektroautos in China profitieren. Allerdings nimmt auch dort der Wettbewerb zu. Daher sollten sich NIO-Aktionäre immer wieder auf volatile Phasen einstellen.
Bewertungstechnisch bleibt die NIO-Aktie allerdings extrem teuer: mit einem KBV und KUV von 14,32 bzw. 14,67 ist das Papier fast so kostspielig wie Tesla.
Deshalb sollten Interessierte Anleger mit einem Kauf der NIO-Aktie auf dem aktuellen Niveau noch etwas warten. Ein Pullback in Richtung 34 US-Dollar könnte sich jedoch als gute Gelegenheit erweisen, in den aufgehenden Stern am chinesischen E-Mobilitätsmarkt einzusteigen.
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