STUTTGART (dpa-AFX) - Hat der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zu viel für die Anteile am Karlsruher Energieversorger EnBW (FSE:EBK) (ETR:EBK) ausgegeben? Auch gen Ende des EnBW-Untersuchungsausschusses liegen die Positionen der Fraktionen zu dieser Frage noch weit auseinander. 'Herr Mappus hat nicht wie ein ehrbarer Kaufmann gehandelt, der erst eine Unternehmensbewertung macht, bevor er in Verhandlungen geht', sagte SPD-Obmann Sascha Binder nach der letzten öffentlichen Sitzung des Gremiums am Freitag in Stuttgart.
Nach Überzeugung von Grün-Rot hat Mappus der französischen EDF (PSE:PEDF) mit 4,7 Milliarden Euro rund 824 Millionen Euro zu viel und damit einen politischen Preis bezahlt, um sich vor der Landtagswahl 2011 mit dem Coup zu brüsten. Das Geld fordert die Koalition vor dem internationalen Schiedsgerichtshof ICC von der EDF zurück.
Dagegen sahen die Obleute von CDU und FDP, Alexander Throm und Andreas Glück, die Preis-Frage nach zwei Jahren Ausschussarbeit noch als ungeklärt an. Sie schlosseen sich aber in der Kritik am Ablauf der Transaktion der Regierungskoalition an.
Eine gemeinsame Bewertung der Ergebnisse des Ausschusses ist dennoch höchst unwahrscheinlich. Die Beweisaufnahme war am Freitag mit der Befragung von Ex-EnBW-Chef Hans-Peter Villis abgeschlossen worden.
Mappus hatte Ende 2010 quasi im Alleingang und am Parlament vorbei den Deal mit den Franzosen abgeschlossen. Der Staatsgerichtshof hatte das später als verfassungswidrig eingestuft. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn und seinen damaligen Finanzberater und früheren Chef der Investmentbank Morgan Stanley (NYS:MS) (ETR:DWD), Dirk Notheis, wegen des Verdachts der Untreue beziehungsweise der Beihilfe dazu.
Throm sagte: 'Die Art und Weise, wie das Aktiengeschäft eingefädelt und abgewickelt wurde, ist nicht nachvollziehbar und in einer parlamentarischen Demokratie nicht akzeptabel.' So habe Mappus nicht nur den Landtag, sondern auch die eigene Ministerialbürokratie nicht einbezogen. Glück sprach von der Selbstherrlichkeit, mit der Mappus die Milliarden-Transaktion durchgezogen habe.
Beim Komplex des angemessenen Preises sieht der Liberale aber die Koalition in Bedrängnis: 'Die ICC-Schiedsklage befindet sich in freiem Fall.' Denn das von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene Gutachten zum Kaufpreis des Münchner Finanzwissenschaftlers Wolfgang Ballwieser habe wegen Mängeln die Position nicht untermauern können.
Grünen-Obmann Uli Sckerl konterte, die Klage des Landes habe die Anfangshürde bereits genommen und sei nicht wegen Unbegründetheit abgelehnt worden. Der Ausschuss habe die 'Geschichte vom einsamen Deal zweier Männer zu Ende geschrieben'.
Der Grüne wertete den Ausschuss als einen der erfolgreichsten in der deutschen Nachkriegsgeschichte. 'Wir können gemeinsam stolz sein auf die Aufklärungsleistung', betonte er auch mit Blick auf anfänglich kritische Stimmen in den eigenen Reihen. Es gelte nun, die Regeln für Unternehmenserwerb durch die öffentliche Hand klarer zu definieren.
Villis bekräftigte vor dem Ausschuss, Mappus habe nicht zu viel für die Anteile ausgegeben. Der Kaufpreis von 41,50 pro Aktie sei angemessen gewesen. 'Aus meiner Sicht war er nachvollziehbar.' Das Ballwieser-Gutachten, nach dem das Land rund 780 Millionen Euro zu viel zahlte, sei oberflächlich. Vor allem die Strompreisentwicklung sei zu pessimistisch angenommen worden. Ballwieser habe nicht das Gesamtsystem betrachtet, sagte der Ex-Manager, der aber nach eigenen Worten keinen Einblick in die Expertise gehabt hatte.
Zugleich rief Villis dazu auf, das Image des drittgrößten deutschen Versorgers nicht weiter zu beschädigen. 'Das Unternehmen braucht Ruhe.' Der Diplom-Ökonom ist nach eigenen Worten nicht in den umstrittenen Deal involviert und sehr überrascht gewesen, als Mappus ihn am 6. Dezember kurz nach Mitternacht über die Transaktion unterrichtete. Dies zeigt aus Sicht von Grün-Rot, dass der damalige Regierungschef auf verlässliche Quellen für die Unternehmensbewertung gänzlich verzichtet habe.
Nun wird der mehr als 1000 Seiten umfassende Abschlussbericht fertigstellt und dann im Parlament diskutiert. Das Gremium hat in den gut zwei Jahren seiner Arbeit nach einem Bericht der 'Schwäbischen Zeitung' knapp 600 000 Euro gekostet.b