MEININGEN/KASSEL (dpa-AFX) - Der scheidende K+S (XETRA:SDFGn)Konzernchef Norbert Steiner und andere Mitarbeiter des Düngemittelkonzerns kommen nicht wegen Gewässerverunreinigung in Thüringen vor Gericht. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen 17 Angeschuldigte, darunter 14 Mitarbeiter des Kasseler Unternehmens und drei Angestellte des Thüringer Landesbergamtes, sei abgelehnt worden, teilte das Landgericht Meiningen am Dienstag mit.
Ein Teil der Vorwürfe, bei dem es um den umstrittenen Umgang des Konzerns mit salzhaltigem Produktionsabwasser geht, ist nach Einschätzung des Gerichts verjährt. Bei den restlichen Vorwürfen bestehe "kein hinreichender Tatverdacht".
Die Thüringer Gemeinde Gerstungen (Wartburgkreis), die die Ermittlungen mit einer Anzeige in Gang gesetzt hatte, bedauerte die Entscheidung. "Zweifel bleiben", teilte die Gemeindeverwaltung mit. Letztlich habe sich gezeigt, dass der Plattendolomit, in den salzhaltiges Produktionsabwässer von Kali-Werken versenkt wurde, ungeeignet zur Verwahrung der Lauge sei. In Thüringen darf seit einigen Jahren keine Kalilauge mehr im Boden versenkt werden.
Grund für die Anklage waren 9,5 Millionen Kubikmeter Salzabwasser aus der Produktion, die K+S von 1999 bis 2007 in tiefe Gesteinsschichten in der Region Gerstungen versenkt hatte. Die Genehmigung dafür erteilte das Thüringer Landesbergamt, obwohl aus Sicht der Ermittler die wasserrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren.
Die Staatsanwaltschaft Meiningen hatte im Februar 2016 Anklage erhoben. Sie kann die Entscheidung des Gerichts noch mit einer Beschwerde anfechten. Im Juni hatte die Staatsanwaltschaft Kassel bereits ein Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Kali-Tochter K+S Kali GmbH wegen versuchter Gewässerverunreinigung mangels Tatverdachts eingestellt. K+S hat massive Entsorgungsprobleme für seine Abwässer.
"Die Entscheidung des Landgerichts bestätigt unsere Sichtweise, dass die Vorwürfe unbegründet und die erteilten Genehmigungen zur Versenkung von Salzabwässern rechtmäßig sind", teilte K+S in einer Stellungnahme mit. Konzernchef Steiner und der ebenfalls beschuldigte Aufsichtsratsvorsitzende Ralf Bethke begrüßten den Beschluss des Landgerichts. Sie seien zu jeder Zeit überzeugt gewesen, dass die Genehmigungen rechtmäßig waren. Die Staatsanwaltschaft war der Meinung, dass das Trinkwasser gefährdet wurde.
Das Landgericht begründete die Verjährung bis zum Jahr 2004 damit, dass es - anders als die Staatsanwaltschaft - von vier Teilaktionen zur Laugenversenkung ausgehe. Zudem lasse sich aus Sicht der Kammer nicht belegen, "dass die erteilten Genehmigungen rechtswidrig waren". Auch gebe es keine Belege für ein strafbares Einvernehmen zwischen K+S-Mitarbeitern und Vertretern des Landesbergamtes. Die Staatsanwaltschaft war hingegen davon ausgegangen, dass zwischen ihnen Einverständnis darüber bestanden hatte, "dass die Genehmigungen rechtlich nicht zu vertreten gewesen sind".
Der Finanzmarkt reagierte positiv. K+S-Aktien legten zwischenzeitlich um mehr als ein Prozent zu. Zuletzt gaben die Papiere aber einen Teil ihrer Gewinne wieder ab und notierten noch gut ein halbes Prozent im Plus. K+S ist der größte Salzhersteller der Welt, den Großteil des Gewinns machen die Kasseler aber mit der Produktion von Kali-Dünger für die Landwirtschaft. Das Unternehmen beschäftigt rund 14 400 Mitarbeiter, davon etwa 4400 Menschen in seinen Werken im Werra-Revier an der thüringisch-hessischen Landesgrenze. Die Salzwasserentsorgung durch Versenken stößt in beiden Bundesländern auf Kritik.