BERLIN/WOLFSBURG (dpa-AFX) - Die Grünen dringen im VW (XETRA:VOW3)-Skandal um falsche Abgaswerte auf eine bessere Entschädigung der Kunden auch in Deutschland. "Wir brauchen einen größeren und besseren Schadenersatz für die Verbraucher", sagte Parteichefin Simone Peter am Montag in Berlin. In den USA würden Mittel gezahlt. "Auch darüber müsste sich Deutschland, müsste sich Europa Gedanken machen."
Insgesamt müsse die Bundesregierung viel schärfer mit den Autokonzernen ins Gericht gehen, wenn es darum gehe, Umwelt- und Gesundheitsbelange der Bevölkerung zu wahren, forderte Peter. Umweltzonen machten keinen Sinn, wenn sie von den Konzernen wissentlich und willentlich konterkariert würden.
Nach Berichten über geplante Geldzahlungen an von der Abgas-Affäre betroffene Autobesitzer in den USA hatten auch Verbraucherschützer eine ähnliche Regelung für Deutschland verlangt. "Das Unternehmen muss zu seiner Verantwortung stehen", sagte Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), der "Rheinischen Post". "Darum wären solche Gutscheine in Deutschland das Minimum, um die betroffenen Verbraucher zu entschädigen."
VW will in den Vereinigten Staaten offenbar Geld anbieten. Besitzer von Diesel-Autos sollten dort als Wiedergutmachung Gutscheine im Wert von bis zu 1250 US-Dollar (rund 1160 Euro) bekommen, berichtete das Online-Portal "The Truth About Cars". "Volkswagen (XETRA:VOW3) of America hat seine Händler über eine geplante Aktion informiert", hieß es dazu aus Wolfsburg. "Details dazu werden in der kommenden Woche von VW of America kommuniziert." Unklar blieb zunächst, ob die Kunden im Gegenzug für die Geldzahlung auf ihr Klagerecht verzichten sollen.
Nach Ansicht des schleswig-holsteinischen Umweltministers Robert Habeck müssen auch Falschangaben zu CO2- und Verbrauchswerten bei rund 800 000 Autos, die VW in der vorigen Woche zudem mitteilte, politisch aufgearbeitet werden. "Da war kriminelle Energie am Werk, die muss entsprechend verfolgt werden", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. "Um Klima und Umwelt schützen zu können, müssen wir wissen, was die Realität ist - gefälschte Abgasbilanzen sind das Gegenteil von dem, was wir brauchen."
Die eigentliche Frage sei dann eine politische: "War das bekannt oder war das zu ahnen? Das muss parlamentarisch untersucht werden und wird es sicher auch." Sollte dies nicht bekannt gewesen sein, stelle sich die Frage Richtung Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). "Wenn es bekannt war, dann hat man noch eine ganz andere politische Debatte", sagte Habeck. "Offensichtlich sind die Kontrollmechanismen nicht ausreichend. Das war ja letztlich eine Selbstkontrolle der Industrie, die gelocht und abgeheftet wurde."
Die allein zuständige Behörde für Typgenehmigungen in Deutschland ist das KBA. Das Amt überprüft die Daten nicht selbst. Die Auftraggeber - in diesem Fall VW - beauftragen damit ein von der Behörde anerkanntes Messinstitut. Aus Sicht von Habeck könnten die Kontrollinstanzen innerhalb der bestehenden Behörden deutlich reformiert werden. "Oder man muss andere Institutionen nehmen, die das unabhängiger machen können." Ein Zurück zum "business as usual" könne es nicht geben.