ESSEN (dpa-AFX) - Der zweitgrößte deutsche Energiekonzern RWE (ETR:RWE) muss erstmals seit der Nachkriegszeit einen Milliardenverlust verkraften. Vor allem Abschreibungen auf den fossilen Kraftwerkspark führten im vergangenen Jahr unter dem Strich zu einem Minus von 2,76 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Dienstag in Essen mitteilte. Vor einem Jahr gab es noch ein Plus von 1,31 Milliarden Euro. Überraschend kommen die roten Zahlen nicht: RWE hatte bereits Ende Januar Wertberichtigungen angekündigt. Sie belaufen sich nun insgesamt auf 4,8 Milliarden Euro. Schwerpunkt waren Gas- und Kohlekraftwerke in Europa, die wegen des Booms der erneuerbaren Energien immer seltener am Netz sind. Ihre Prognose für das laufende Jahr bestätigten die Essener.
Der Aktienmarkt reagierte am Morgen positiv: Die Titel kletterten zu Handelsbeginn um 1,32 Prozent nach oben. Vor allem die Bestätigung des Ausblicks wurde positiv hervorgehoben. Der Dax legte um rund ein Prozent zu.
POSITIVER EFFEKT DURCH GAZPROM
Der Umsatz von RWE stieg 2013 um 1,6 Prozent auf 54,1 Milliarden Euro. Das betriebliche Ergebnis sank um gut 8 Prozent auf 5,88 Milliarden Euro. Das für die Dividende maßgebliche und um Sondereffekte bereinigte so genannte nachhaltige Nettoergebnis sank um knapp 6 Prozent auf 2,31 Milliarden Euro. Mit den Zahlen lag RWE sogar noch ein Stückchen unter den Erwartungen der Analysten sowie unter den eigenen Zielen. Der Konzern hatte für das nachhaltige Nettoergebnis 2,4 Milliarden Euro erwartet. Das betriebliche Ergebnis sollte bei 5,9 Milliarden Euro liegen.
Dabei wurde das Geschäftsjahr 2013 noch von einem positiven Effekt gestützt: Der russische Gasriese Gazprom (FSE:GAZ) (SQ1:OGZD) hatte für zu teure Gaslieferkonditionen eine einmalige Entschädigung in Milliardenhöhe gezahlt. Dies aber kompensierte die Einbrüche im traditionellen Erzeugungsgeschäft nicht. Eine schwache Stromnachfrage und ein immer größerer Ökostromanteil ließen die Großhandelspreise einstürzen. Auch der Wegfall der kostenlosen Zuteilung von CO2-Emmissionszertifikaten belastete. Der Betriebsgewinn in der Sparte sank um fast 60 Prozent. Und künftig kommt es noch schlimmer: Da Strom bis zu drei Jahre im Voraus verkauft wird, schlagen die Preiseinbrüche erst nach und nach durch.
ERFOLG BEIM SPAREN
Kritiker werfen dem Unternehmen vor, die Wende in das Zeitalter der erneuerbaren Energien mit kleinen, dezentralen Strukturen zu lange verschlafen und stattdessen auf Großkraftwerke gesetzt zu haben. Da die Verschuldung hoch ist, fehlt RWE dafür nun die Kraft. Zurzeit setzt RWE dennoch aufs Sparen: Die Dividende wurde auf einen Euro halbiert, erneut werden Arbeitsplätze abgebaut. Immerhin meldete der Konzern am Dienstag bei seinem Sparprogramm einen Erfolg. Die bisherigen Schritte zur Kostensenkung haben ein Jahr früher als erwartet einen Beitrag von einer Milliarde Euro zum Betriebsergebnis beigesteuert. Bis 2016 sollen abzüglich Kosten und Währungsschwankungen insgesamt 1,5 Milliarden Euro eingespart sein.
Beim angestrebten Verkauf der Ölfördertochter Dea - einem wichtigen Schritt zur Reduzierung der Schuldenlast - gibt sich das Unternehmen vorsichtig: Die Trennung ist in der Prognose für 2014 nicht enthalten. RWE-Chef Peter Terium sagt im Geschäftsbericht, dass ein Verkauf in diesem Jahr ein 'realistisches Ziel' sei. Es komme aber auf den angebotenen Preis an, schränkt er ein.
PROGNOSE FÜR 2014 BESTÄTIGT
Die Ziele für 2014 bleiben bestehen. Demnach soll das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) 7,6 bis 8,1 Milliarden Euro erreichen und ein betriebliches Ergebnis von 4,5 bis 4,9 Milliarden Euro erzielt werden. Das nachhaltige Nettoergebnis sollte bei 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro liegen.ja