Ein Blick auf den heutigen Aktienkurs von Sartorius (ETR:SATG) (WKN: 716563) genügt, um nach weiteren Nachrichten des Konzerns zu googeln. Zumindest wird man dabei schnell fündig. Denn der deutsche Labormittelausrüster hat die Übernahme des französischen Konzerns Polyplus für einen Kaufpreis von 2,4 Mrd. Euro veröffentlicht.
Doch weshalb reagiert der Kapitalmarkt so negativ auf diese Schlagzeile? Denn mit einem Abschlag von über 6 % auf den gestrigen Aktienkurs fällt die Wertung der Übernahme deutlich negativ aus. Die Gründe dafür liegen auf der Hand …
Milliardenübernahme zur Unzeit!
Beim Unternehmen Polyplus handelt es sich um einen Produzenten für Komponenten, die für die Herstellung viraler Vektoren verwendet werden. Diese Vektoren sind für den Zukunftsmarkt der Zell- und Gentherapien unerlässlich. Somit gehe ich davon aus, dass das Unternehmen gut zur strategischen Ausrichtung von Sartorius als Produzent von kritischen Gütern für die Pharma- und Biotechnologieindustrie passt.Nichtsdestotrotz erachte ich den Deal, ohne nähere strategische Argumentationen des Sartorius-Managements zu kennen, für absolut unpassend. Denn es wird erwartet, dass Polyplus im laufenden Geschäftsjahr lediglich einen Umsatz im oberen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich erwirtschaften soll. Selbst wenn wir von einem Umsatz von 90 Mio. Euro ausgehen, würde sich das Kurs-Umsatz-Verhältnis somit auf 26,6 belaufen.
Des Weiteren soll die operative Marge laut Ankündigung des Sartorius-Managements „sehr hoch“ ausfallen. Selbst wenn man eine vergleichbare Marge wie jene von Sartorius mit 35 % heranzieht, ergibt das nur einen Gewinn von 31,5 Mio. Euro. Somit führt dies zu einem KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von 76. Zugegeben, KGVs in dieser Größenordnung sind für Wachstumsunternehmen in einem Nullzinsumfeld schon vorgekommen. Dennoch sollte man der Realität ins Auge sehen und erkennen, dass diese Bewertungsmaßstäbe nicht im Jahr 2023 mit Zinsen von über 3 % p. a. anwendbar sind.
Finanzierung
Zudem gibt es seitens des Sartorius-Managements keine näheren Informationen zu den Finanzierungskosten. Was man derzeit weiß, ist, dass JPMorgan (NYSE:JPM) einen Überbrückungskredit bereitstellen und dieser im Anschluss durch langfristige Finanzierungsinstrumente abgelöst wird.Dabei soll offensichtlich auch eine Eigenkapitalkomponente in Erwägung gezogen werden. Wenngleich ich bei den aktuellen Marktzinsen diesen Schritt positiv bewerte, führt dies zu einer Verwässerung der Sartorius-Aktionäre und kommt somit bei dieser Interessengruppe nicht gut an. Somit ist es unabhängig davon, wie man diese Transaktion dreht und wendet. Die Kosten sind aus meiner Sicht zu hoch.
Fazit
Wenngleich ich vorerst Aktionär des Unternehmens bleibe, halte ich Übernahmen dieser Größenordnung in der aktuellen wirtschaftlichen Situation für unpassend. Auch wenn Polyplus zur langfristigen strategischen Ausrichtung des Unternehmens passen würde.Nichtsdestotrotz halte ich einen Kaufpreis von 2,4 Mrd. Euro für ein Unternehmen, das einen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich erwirtschaftet, für deutlich überhöht.
Somit sollte es nicht verwundern, wenn der Kapitalmarkt das Vertrauen in das Sartorius-Management verliert. Dies könnte langfristig zu weiteren Kursverlusten führen. Daher wären nähere Informationen zur Rechtfertigung der Transaktion wie Wachstumspläne, Synergien und strategische Vorteile wünschenswert. Mit Ausdrücken wie „sehr hohe“ Marge diskreditiert sich das Management eines DAX-Konzerns selbst.
Der Artikel Sartorius: Die Milliardenübernahme kommt zur Unzeit! ist zuerst erschienen auf Aktienwelt360.
Michael besitzt Aktien von Sartorius. Aktienwelt360 empfiehlt keine der genannten Aktien.
Aktienwelt360 2023