PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Aktienmärkte haben am Donnerstag deutliche Verluste verzeichnet. Sie gerieten damit in den Sog des Kursrückschlags der US-Börsen (ETR:SXR4). Der EuroStoxx 50 fiel am späten Vormittag um 2,55 Prozent auf 3597,30 Punkte.
Ähnlich sah es in Paris aus. Der Leitindex Cac 40 gab um 2,38 Prozent auf 6201,64 Punkte nach, der Londoner FTSE 100 sank um 2,43 Prozent auf 7257,10 Punkte.
Nach den Erholungsansätzen in der ersten Wochenhälfte bedeutet der erneute Rückschlag eine kalte Dusche für die Märkte. Schienen sich Börsen zuletzt einigermaßen mit den erwarteten US-Zinserhöhungen arrangiert zu haben, weckten die jüngsten US-Konjunkturdaten und Unternehmensergebnisse wieder Rezessionsängste.
"Die gestrigen US-Häusermarktdaten und schlechte Quartalszahlen haben den US-Aktienmärkten den Stecker gezogen", beschrieb Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect die jüngste Entwicklung. "Es verstärkt sich ein sehr unangenehmes Konjunkturbild in den USA. Auf der einen Seite hat sich die US-Notenbank die Inflationsbekämpfung auf die Fahne geschrieben und auf der anderen Seite deutet sich eine merkliche Konjunkturabkühlung in den USA an." Damit seien Befürchtungen wieder da, die Währungshüter könnten die US-Wirtschaft abwürgen, fügte Analyst Christian Henke vom Broker IG Markets hinzu.
Hinzu kommt, dass auch aus den Kreisen der Europäischen Notenbank diejenigen Stimmen immer lauter werden, die einen strikteren Kurs fordern. "Beinahe täglich melden sich führende EZB-Vertreter zu Wort, um den Märkten gegenüber Handlungsbereitschaft angesichts hoher Inflation zu signalisieren", so die Landesbank Baden-Württemberg. Angesichts der Debatte um Inflation und Konjunktur kommt den anstehenden US-Daten große Bedeutung zu. Am Nachmittag werden der Philadelphia-Fed-Index, der Konjunkturindex für die Region Philadelphia, sowie neue Zahlen zum US-Immobilienmarkt veröffentlicht. Der weitere Verlauf des europäischen Handels verspricht damit spannend zu werden.
Zu den größten Verlierern zählten die Einzelhandelswerte. Sie reagierten damit auf die schwachen Vorgaben der US-Einzelhändler. Nach Walmart (NYSE:WMT) hatte Target (NYSE:TGT) enttäuscht. Das reduzierte Gewinnziel des Discounters warf den Aktienkurs zurück auf den tiefsten Stand seit November 2020. Target verwies auf den deutlichen Anstieg der Kosten im ersten Quartal, wodurch das Unternehmen in diesem Jahr weniger profitabel wirtschaften dürfte als zunächst angepeilt.
Auch der Nahrungsmittelsektor stand unter Druck. Das Schwergewicht Nestle (SIX:NESN) fiel um über fünf Prozent, nachdem Bernstein die Aktie abgestuft hatte. Investoren, die in dem Wert Sicherheit suchten, sollten sich auf schlechte Nachrichten einstellen, schrieb Analyst Bruno Monteyne. Die Gewinnwarnung von Walmart sei ein klares Anzeichen für einen schwächeren Verbrauch. Unilever (AS:ULVR) gaben ebenfalls um über fünf Prozent nach.
Technologiewerte belastete neben der Schwäche der technologielastigen Nasdaq eine Umsatzwarnung des US-Netzwerkausrüsters Cisco (NASDAQ:CSCO) . Am Mittwochabend hatte das Unternehmen die Anleger mit der Warnung erschreckt, dass die Corona-Lockdowns in China und andere Lieferunterbrechungen das Umsatzwachstum im laufenden Quartal in etwa halbieren werden.