(Wiederholung: Im dritten Absatz wurde die Börsenreaktion aktualisiert.)
LUXEMBURG (dpa-AFX) - Die Geschäfte des weltgrößten Stahlherstellers ArcelorMittal (ASX:MT) (FSE:ISPA) haben sich im dritten Quartal dramatisch verschlechtert. Wegen des verschärften Preisdrucks stürzte das Unternehmen wieder tief in die roten Zahlen, wie es am Freitag in Luxemburg mitteilte. Unter dem Strich stand ein Verlust von 711 Millionen US-Dollar, vor einem Jahr gab es zumindest noch einen kleinen Gewinn von 22 Millionen Dollar. "Die ohnehin schon schwierige Lage hat sich weiter verschlimmert", sagte Vorstandschef Lakshmi Mittal. Grund seien vor allem die rasant steigenden Billig-Exporte aus China. Er appellierte an die Politik, nun schnell Schutzzölle zu erheben.
Der operative Gewinn (Ebitda) von ArcelorMittal sackte im Sommerquartal um 30 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Dollar ab. Der Umsatz ging um fast ein Viertel auf 15,6 Milliarden Dollar zurück. Der Vorstand musste seine Prognose für das zu Ende gehende Jahr erneut senken. Nun hält er nur noch einen operativen Gewinn von 5,2 bis 5,4 Milliarden Dollar für möglich. Bislang hatte das Management 6 bis 7 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. Am Donnerstag hatte bereits der zweitgrößte Deutsche Stahlhersteller Salzgitter (XETRA:SZGG) seine Jahresprognose gesenkt. Konkurrent ThyssenKrupp (XETRA:TKAG) legt in knapp zwei Wochen seine Zahlen vor.
SCHLUSSDIVIDENDE FÄLLT AUS
Aktien von ArcelorMittal gewannen am Morgen knapp ein Prozent, nachdem sie vorbörslich deutlich im Minus notiert hatten. Analysten lobten die angekündigten Sparmaßnahmen. Zudem haben die Aktien in diesem Jahr bereits fast die Hälfte an Wert verloren.
ArcelorMittal kündigte als Reaktion weitere Einsparungen an. Sie sollen das Ebitda im kommenden Jahr um eine Milliarde Dollar verbessern. Unter anderem will der Konzern weitere Rohstoffprojekte auf Eis legen. Zudem fällt die Schlussdividende für dieses Jahr aus. Damit will ArcelorMittal seine Finanzierungslage etwas entspannen. Der Konzern sitzt aktuell auf 16,8 Milliarden Dollar Schulden. Zum Jahresende soll es zumindest eine Milliarde weniger sein. ArcelorMittal hat derzeit bei keiner der drei großen Ratingagenturen Investmentstatus, Anleihen des Konzerns gelten damit als riskant.
DOPPELT IN DER FALLE
ArcelorMittal sitzt derzeit gleich doppelt in der Preisfalle. Zum einen verdient der Konzern mit seinen Stahlprodukten immer weniger. Dass zudem die Rohstoffpreise rasant fallen, bedeutet für ArcelorMittal keine Erleichterung. Der Konzern hatte in den vergangenen Jahren, als der wichtige Rohstoff für die Stahlproduktion zunehmend teurer wurde, massiv in den Ausbau einer eigenen Förderung investiert. Das erweist sich nun als Belastung.
Im dritten Quartal musste der Konzern wegen des Preisverfalls seine Lagervorräte um rund 500 Millionen Dollar abwerten. Das riss auch das Stahlgeschäft in Europa wieder in die roten Zahlen. Damit hat der Erholungskurs hier für den Konzern ein jähes Ende gefunden. Nach Jahren des Niedergangs in Folge der Wirtschaftskrise im Südeuropa war das Geschäft auf dem alten Kontinent zuletzt wieder der Hoffnungsträger für den Konzern.
ARCELOR: CHINA-STAHL MACHT ALLES ZUNICHTE
Doch das machen nun nach Einschätzung von Vorstandschef Mittal die Einfuhren aus China wieder zunichte. Er wirft den Chinesen vor, ihre Stahlüberschüsse zu Dumping-Preisen auf den Weltmarkt zu werfen. Die Situation habe sich zuletzt durch die heftige Abschwächung der chinesischen Konjunktur noch einmal verschärft. Nun seien die Regierungen gefordert, schnell gegen unfairen Handel vorzugehen, sagte Mittal. Es gebe zwar bereits erste ermutigende Schritte gegen Dumping. "Der Prozess muss aber beschleunigt werden, um sich richtig auswirken zu können." ArcelorMittal ist allein in Deutschland mit vier Werken vertreten. In Bremen, Eisenhüttenstadt, Duisburg und Hamburg beschäftigt der Konzern rund 9300 Mitarbeiter.
Weltweit rechnet ArcelorMittal für 2015 mit einer um 1,5 bis 2 Prozent sinkenden Nachfrage, es wäre der erste Rückgang seit Jahren. Federn lassen muss ArcelorMittal dabei auch in seinem wichtigen Nordamerika-Geschäft. Dort fällt die Stahlnachfrage trotz der guten US-Konjunktur. Hintergrund ist der Verfall der Ölpreise, weshalb viele Förderunternehmen Projekte gestoppt haben und damit weniger Stahl benötigen.