Frankfurt, 26. Jun (Reuters) - Der Zahlungsdienstleister Heidelpay sorgt sich davor, mit dem in einen milliardenschweren Bilanzskandal verwickelten Rivalen Wirecard WDIG.DE über einen Kamm geschoren zu werden. "Wir werden in Sippenhaft genommen", sagte Heidelpay-Chef Mirko Hüllemann am Freitag zu Reuters. Der Zusammenbruch von Wirecard habe natürlich Auswirkungen auf alle Zahlungsanbieter, sagte er. "Kunden und Investoren sind derzeit verunsichert, sie stellen viele Fragen und schauen ganz genau hin." Man müsse aber klar unterscheiden, dass der Wirecard-Fall nichts mit dem klassischen Zahlungsgeschäft in Europa zu tun habe. "Da geht es schlichtweg um Betrug. Das ist ein Skandal."
Wirecard hatte am Donnerstag einen Insolvenzantrag gestellt, nachdem Wirtschaftsprüfer ein Loch von 1,9 Milliarden Euro in der Bilanz entdeckt hatten. Das Geld sollte auf Treuhandkonten in den Philippinen liegen, ist dort aber nicht auffindbar. Ex-Vorstandschef Markus Braun saß zeitweise in Haft, nach dem entlassenen Vorstand Jan Marsalek wird gesucht. Politiker und Anlegerschützer werfen der Finanzaufsicht BaFin vor, nicht ausreichend kontrolliert zu haben. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stellte eine schärfere Regulierung der Branche in Aussicht. Ansicht von Hüllemann sollte die BaFin vor allem bei Geschäften im außereuropäischen Ausland Kontrollen ausweiten. "Im europäischen Zahlungsverkehrsgeschäft schaut die BaFin schon jetzt sehr genau hin", sagte er. "Die Befugnisse der BaFin müssten viel weiter reichen. Man muss internationaler denken."
Heidelpay hofft nun darauf, den einen oder anderen Kunden von Wirecard abwerben zu können, wie Hüllemann sagt. "Aber unser Geschäft hat sich nie groß überschnitten, auch weil wir unterschiedliche Schwerpunkte bei Branchen sowie Ländern haben." Wirecard habe man nie als Rivalen gesehen. Die Heidelberger messen sich eher an der niederländischen Adyen ADYEN.AS und dem US-Zahlungsdienstleister Stripe.
Heidelpay ist deutlich kleiner als Wirecard. Im vergangenen Jahr verdoppelten die Heidelberger ihren Umsatz nach Firmenangaben auf 90 Millionen Euro. Der Betriebsgewinn lag bei rund 40 Millionen Euro. Wirecard hatte vor seinem Zusammenbruch für 2020 ein Ergebnis von gut einer Milliarde in Aussicht gestellt. (Reporterin: Patricia Uhlig, redigiert von Olaf Brenner Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069-7565 1236 oder 030-2888 5168)