BERLIN (dpa-AFX) - Die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel sieht in den jüngsten Turbulenzen bei Anleihen und Aktien von Banken eine Gefahr für das Finanzsystem. "Die Ereignisse sind sehr beunruhigend", sagte sie der "Welt am Sonntag". Besonders bedrohlich sei Lage bei sogenannten nachrangigen Anleihen, deren Besitzer im Falle einer Liquidation erst nach anderen Gläubigern bedient werden. Hier zogen die Zinsen deutlich an und die Kurse knickten ein. Hieraus können sich selbstverstärkende Preisspiralen entwickeln, die die Solvenz der Banken bedrohen, sagte Schnabel, die seit 2014 Mitglied des Sachverständigenrats ist
Zuletzt hatte genau diese Aussicht die Anleger extrem beunruhigt. Viele Bankaktien, insbesondere in Europa, mussten zweistellige Verluste verbuchen. Zudem zog die Volatilität - ein Gradmesser für das Risiko - deutlich an. Neben den griechischen Geldhäusern stand dabei vor allem die Deutsche Bank (XETRA:DBKGn) im Fokus, die aus diesem Grund am Montag vor einer Woche klargestellt hat, dass sie genügend Geld hat, um die Zinsen für ihre im Jahr 2014 emittierten nachrangigen Anleihen zu bezahlen.
Die Kurse der Deutsche-Bank-Aktien schwankten dabei heftig. Nach Tagen mit Kursverlusten von teils fast zehn Prozent folgten welche mit zweistelligen Gewinnen. Am Freitag legten sie fast zwölf Prozent auf 15,30 Euro zu - damit notiert die Aktie wieder rund 17 Prozent über dem zwischenzeitlich erreichten Rekordtief von 13,03 Euro. Mit einem Abschlag von fast einem Drittel ist das Papier aber immer noch der schwächste Dax-Wert (DAX) in diesem Jahr.
Solche Ausschläge sind nach Einschätzung Schnabels keine reinen Übertreibungen. Schließlich gebe es eine Reihe von Faktoren, die die Profitabilität der Banken beeinträchtigten, sagte sie Kurzfristig seien dies die vielen Probleme in der Weltwirtschaft und Kreditrisiken aus dem Ölgeschäft. Mittelfristig seien es vor allem die Niedrigzinsen, die das Geschäftsmodell der Banken in Frage stellten.
"Jetzt zeigen sich die Nebenwirkungen der Geldpolitik", sagte sie. Nach neun Jahren Dauerkrisenpolitik würden die Handlungsspielräume der Zentralbanken immer kleiner. Ein weiteres Absenken der bereits jetzt negativen Zinsen wäre im Euroraum vor dem Hintergrund der Lage bei den Banken sehr problematisch. Die Zentralbanken können zwar nach wie vor stabilisierend eingreifen, aber sie können die bestehenden strukturellen Probleme nicht lösen - weder im Bankensystem, noch bei den Staaten.