FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach einem der heftigsten Wochenverluste im Dax (DAX) seit Jahresbeginn dürfte die Nervosität der Anleger in der neuen Woche hoch bleiben. Die Risiken für die Börsen sind zahlreich und zudem die gleichen wie bisher: Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, anziehende Renditen am US-Rentenmarkt, Italiens Neuverschuldung und der Brexit bleiben die Keimzellen für wachsende Sorgen. Hinzu kommt die in den USA allmählich an Fahrt gewinnende Berichtssaison über das dritte Quartal. Hierzulande gelten die am Donnerstag erwarteten Geschäftszahlen des Software-Konzerns SAP (4:SAPG) als Startschuss.
Inwieweit der Ausgang der Landtagswahl in Bayern am Sonntag Auswirkungen auf die Stimmung der Anleger hat, bleibt abzuwarten. Die CSU hatte dabei ihre absolute Mehrheit verloren, die SPD das Ergebnis halbiert. Da bereits Umfragen Wochen vor der Wahl ein ähnliches Bild gezeichnet hatten, könnten wohl nur Verwerfungen in der Großen Koalition in Berlin für Unruhe am Aktienmarkt sorgen.
"Da die Konjunktur in den USA weiter auf Hochtouren läuft, dürfte in den Vereinigten Staaten generell mit starken Unternehmenszahlen zu rechnen sein", schrieb Analyst Milan Cutkovic von AxiTrader. Er geht daher in der neuen Woche von einer Erholung an der Wall Street aus, die dann auch den Dax stützen könnte. Die Chancen auf eine zumindest kurzfristige Erholung stünden gut für den deutschen Leitindex, glaubt auch der Analyst Christian Schmidt von der Helaba, der dafür charttechnische Gründe heranzieht.
Dagegen warnt Chefstratege Robert Greil von Merck (DE:MRCG) Finck Privatbankiers vor zu "ambitionierten Erwartungen" an die US-Quartalssaison und dem damit verbundenen Enttäuschungspotenzial. Mit Blick auf die europäischen Geschäftszahlen und Ausblicke ist er ebenfalls skeptisch. Auf bereits einige Gewinnwarnungen auch hierzulande dürften seines Erachtens noch ein paar weitere folgen.
Zusätzliche Gefahren für Dax & Co drohen durch die unveränderten Risiken rund um Italien und den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU). So hat Italiens Parlament trotz Warnungen der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) das Haushaltsgesetz der Regierung verabschiedet, das für 2019 höhere Schulden vorsieht. Anfang der neuen Woche muss der Haushaltsplan zur Überprüfung bei der EU-Kommission eingereicht werden.
In den Brexit-Verhandlungen könnte es hingegen beim Euro-Gipfel zu einer Einigung kommen, glaubt Helaba-Analystin Claudia Windt. Schließlich wäre ein ungeregelter Austritt Großbritanniens aus dem gemeinsamen Staatenverbund für alle Seiten ein Desaster und hätte laut Finanzanalyst Dirk Friczewsky von Lynx Broker "desaströse Auswirkungen auf den europäischen Markt".
Optimistisch ist Helaba-Expertin Windt außerdem bezüglich der neuen Wirtschaftssignale aus den Vereinigten Staaten. Diese dürften "die Sorgen vor einem Abschwung zerstreuen helfen", schrieb sie. Auch die Experten der Postbank hoben die "florierende Konjunktur" in den USA bei einer zugleich extrem niedrigen Arbeitslosenquote hervor. "Die Bedingungen für eine Fortsetzung des Konsumwachstums sind damit ausgesprochen günstig", was sich in den US-Einzelhandelsumsätzen niederschlagen dürfte. Sie rechnen daher für September mit einem Zuwachs.
Auch die US-Industrie befindet sich den Postbank-Experten in einem kräftigen Aufschwung, was mit Blick auf die Stimmungs- und Frühindikatoren noch eine geraume Zeit so bleiben dürfte. Die September-Daten zur Industrieproduktion am Dienstag und den Frühindikatoren am Donnerstag sollten das ihrer Ansicht nach belegen.
Für Deutschland dagegen sind sie nicht sonderlich optimistisch. Die Stimmung unter den vom Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW über ihre Konjunkturerwartungen befragten Analysten dürfte unter den jüngsten Turbulenzen an den Aktienmärkten und den IWF-Warnungen über den gefährdeten globalen Aufschwung spürbar gelitten haben. Bei der Postbank rechnet man daher für Oktober mit einem Rückgang der Konjunkturerwartungen von minus 10,6 auf minus 14,0 Punkte. Auch ein noch stärkerer Rückgang sei nicht ausgeschlossen.
Unternehmensseitig stehen in den USA weitere Großbanken mit ihren Bilanzen zum dritten Quartal im Blick: Das wird den Fokus auch auf die deutschen Branchenkollegen schwenken. Die Zahlen der Bank of America (112:BAC) sowie von Goldman Sachs (112:GS) und Morgan Stanley (112:MWD) stehen in der ersten Wochenhälfte an.
Am deutschen Aktienmarkt rückt am Donnerstag SAP in den Blick. Analysten erwarten ein weiteres starkes Quartal des Softwareherstellers. Die Margen dürften erneut gestiegen sein und die Dynamik bei den Lizenzerlösen zugenommen haben, prognostizieren die Experten von HSBC und Baader Bank.