Berlin, 08. Okt (Reuters) - Bundeskanzlerin Angela Merkel ist bereit, mit der Türkei über Visa-Erleichterungen zu reden. Es sei nötig, mit dem Nato-Land Vereinbarungen zu treffen, um den Flüchtlingsstrom nach Europa einzudämmen, sagte Merkel am Mittwochabend in der ARD-Sendung "Anne Will". Nur dann könne man die EU-Außengrenzen besser schützen. Dies bedeute, dass man sich mit der Regierung in Ankara verständigen müsse, wie man sich die Aufgaben bei der Flüchtlingsbetreuung teile - etwa auch durch Zahlungen für die bessere Unterbringung der Menschen in der Türkei, die mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen habe. "Dann wird es bedeuten, dass wir vielleicht auch bestimmte Wünsche der Türkei erfüllen müssen, wenn es um Visa-Erleichterungen geht", fügte Merkel hinzu.
Die Kanzlerin wies den Vorwurf zurück, die EU verrate ihre Prinzipien, wenn sie nun mit dem Nato-Land verhandele. "Es ist meine verdammte Pflicht darüber zu sprechen in der Situation, in der wir derzeit sind", sagte sie und verwies darauf, dass aus der oder über die Türkei die meisten Flüchtlinge kämen. Im übrigen würden keine Prinzipien geopfert: Die Türkei habe als EU-Beitrittskandidat die Kopenhagener Kriterien zur Rechtsstaatlichkeit anerkannt. Deshalb schlage die EU-Kommission die Einstufung als sicheres Herkunftsland vor. Bei allen anderen EU-Beitrittskandidaten sei dies ebenso. "Deshalb wäre das nicht etwas, was ganz außergewöhnlich wäre", sagte sie. "Wir haben noch nicht entschieden", fügte sie hinzu. Merkel betonte, dass ein Einwand die Lage der Kurden in der Türkei sei. Aber auch mit dem Status als sicheres Herkunftsland sei es möglich, dass Asylanträge in Deutschland gestellt werden könnten. Rund ein Fünftel der türkischen Kurden, die Asylanträge in Deutschland stellen, werden als schutzbedürftig anerkannt.