Es gibt viele Faktoren, die bei der Gewichtung von Aktien und Anleihen in einem Anlageportfolio zu berücksichtigen sind, dabei steht die relative Rendite ganz oben auf der Liste. Unter dieser Voraussetzung scheint insbesondere der jüngste Anstieg der Rendite der 10-jährigen Treasury-Note im Vergleich zur Dividendenausschüttung der US-Aktien (S&P 500) sehr attraktiv - insbesondere nach den neuesten Entwicklungen am Markt.
Die aktuelle Rendite der US-Staatsanleihen liegt bei 3,789 % (19. Juni) und damit nahe dem höchsten Stand seit 2007. Aufgrund der Zinserhöhungen der US-Notenbank in den letzten 15 Monaten sind die Anleiherenditen insgesamt stark angestiegen. Infolgedessen sind festverzinsliche Wertpapiere im Vergleich zu Aktien heute wesentlich wettbewerbsfähiger als in der Zeit vor den ersten Zinserhöhungen der Fed im März 2022.
Die Schätzung der Gesamtrenditen für Aktien ist natürlich schwierig, da die Dividendenrendite an die Erwartungen für Kapitalgewinne (und -verluste) gekoppelt ist. Die erstere Einschätzung ist einfach, die letztere hängt mehr von Prognosen ab, die natürlich nie garantiert sind.
Kurz gesagt, eine Betrachtung von Aktien nur aufgrund der Dividendenrendite ist unvollständig. Dennoch ist es sinnvoll, die Ausschüttungsquoten am Aktienmarkt zu untersuchen, denn sie sind ein relativ zuverlässiger Maßstab dafür, was Sie mit Dividenden verdienen werden. Die Erwartungen in Bezug auf Kapitalgewinne und -verluste sind im Vergleich dazu wesentlich spekulativer, insbesondere auf kurze Sicht.
Vor diesem Hintergrund liegt die geschätzte Dividendenrendite des S&P 500 auf Grundlage von Daten des Yale-Professors Robert Shiller und www.multpl.com derzeit bei 1,54 %. Das ist nahezu der niedrigste Stand seit über 20 Jahren. Verglichen mit den 3,72 % der 10-jährigen Anleihe tendiert der relative Wert zumindest im Vergleich zu den letzten Jahren zugunsten der Treasury-Papiere.
Der nachstehende Chart macht das noch deutlicher. Der Rendite-Spread zwischen 10-jährigen Bonds und S&P 500-Titeln beträgt derzeit schätzungsweise 2,29 Prozentpunkte - das ist der höchste Stand seit 2007.
Der Aufschlag für die 10-jährige Anleihe sieht weniger überzeugend aus, wenn wir die Inflation und eine rosige Prognose für den Aktienmarkt auf Zehnjahressicht (wenn Sie daran glauben!) berücksichtigen. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass der jüngste Anstieg der Zinssätze die relative Attraktivität der Benchmark-Treasury merklich verbessert hat. Dieser Vorsprung könnte auf realer Basis wieder in Rauch aufgehen, wenn die Inflation hoch bleibt oder sich weiter beschleunigt. Wenn man jedoch glaubt, dass die Inflation im Rückgang begriffen ist, sieht der Renditevorteil für die10-jährigen US-Staatsanleihen umso besser aus.
In der Praxis ist die richtige Ausrichtung eines Portfolios jedoch komplizierter als ein einfacher Renditevergleich. Die Entscheidung über die Gewichtung von Aktien und Anleihen hängt von der Risikotoleranz, den Erwartungen und anderen Faktoren des Anlegers ab. Bei Betrachtung aller Parameter ist die 10-jährige Treasury-Note im Vergleich zum S&P 500 so attraktiv wie seit 16 Jahren nicht mehr. Das allein ist noch kein Grund, in Bonds zu investieren und Aktien zu veräußern, aber es ist ein weiterer Faktor, der für eine Neigung zu Anleihen spricht, vor allem, wenn diese in Ihrem Portfolio in letzter Zeit von der strategischen Zielallokation abgefallen sind.
Aktien werden Anleihen langfristig wahrscheinlich outperformen, so dass der hier angestellte Vergleich für Anleger mit ausreichend langem Zeithorizont nur von begrenztem Wert ist. Auf kürzere Sicht jedoch - zum Beispiel in den nächsten 10 Jahren - ist die relativ große Renditespanne zugunsten der 10-jährigen Anleihe eine neue Entwicklung, bei der sich eine Neubewertung Ihrer Asset-Allokation unbedingt empfiehlt.