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4 neue Risiken, die die Dynamik des Ölmarktes künftig beeinflussen könnten

Veröffentlicht am 23.01.2020, 18:38
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Nun, da die Ölpreise sich vollständig von der Gefahr eskalierender Aggressionen zwischen den USA und dem Iran erholt haben, haben wir hier vier wichtige Themen aufgelistet, die die Ölpreise und die Marktdynamik auf kurze und lange Sicht beeinflussen werden:

1. Brasilien könnte in 2021 OPEC-Mitglied werden

Brasiliens Energieminister Bento Albuquerque gab bekannt, dass sein Land ernsthaft erwägt, der OPEC im Jahr 2021 beizutreten. Er wird schon bei seinem bevorstehenden Besuch in Saudi-Arabien im Juli darüber Gespräche beginnen.

Offensichtlich äußerten die brasilianischen Ölproduzenten Besorgnis über einen Beitritt zur OPEC schon in 2020, da die Entscheidung bedeuten würde, die Ölförderung reduzieren zu müssen, wie es die OPEC+-Politik verlangt. Brasilien scheint zuversichtlich, dass die Produktionskürzungen bis 2021 auslaufen werden, obwohl die OPEC und Russland aktiv daran arbeiten, die Kürzungen, die im März auslaufen sollen, bis Juni 2020 und möglicherweise Dezember 2020 zu verlängern.

Im November 2019 erreichte Brasiliens Ölförderung erreichte ein Rekordhoch von 3 Millionen Fass am Tag (barrels per day, bpd), ein Niveau mit dem das Land zum viertgrößten Produzenten der OPEC würde, hinter Saudi-Arabien, dem Irak und den VAE. Während Brasiliens Ölproduktion von der nationalen Ölgesellschaft Petrobras (SA:PETR3) dominiert wird, gibt es auch eine Reihe unabhängiger brasilianischer Ölförderer und ausländische internationale Ölfirmen (International Oil Companies, IOC) im Land, die einen Beitritt zur OPEC schwierig machen könnten.

Dieses Hindernis ergibt sich aus der Tatsache, dass mehr als 1 Million bpd der nationalen Ölförderung nicht von Petrobras kontrolliert werden, sondern auf mindestens 25 Unternehmen verteilt sind, von denen viele Ölkonzessionen zusammen mit IOCs wie Equinor (NYSE:EQNR), BP (NYSE:BP), Shell (NYSE:RDSa) und Chevron (NYSE:CVX) erschlossen haben.

Zusätzlich zu diesem Problem hofft Brasilien, mehr ausländische Unternehmen für die Erschließung seiner Offshore-Ölressourcen anzulocken. Seine letzte Offshore-Konzessionsauktion wurde als Flop angesehen, da viele Unternehmen erst gar nicht an der Vergabe teilnahmen und die Möglichkeit, dass für die künftige Produktion OPEC-Quoten und Produktionskürzungen gelten könnten, wäre ein weiterer Grund für ausländische Ölfirmen, sich von Investitionen in die brasilianischen Ölfeldern fernzuhalten.

Brasiliens Präsident und Energieminister könnten versuchen, sich dem Ölkartell anzuschließen, und die OPEC würde sicherlich von der Mitgliedschaft Brasiliens profitieren. Die potenziellen Gefahren für die künftige brasilianische Ölproduktion werden jedoch wahrscheinlich jegliche Vorteile überwiegen.

2. Saudi-Arabien und Kuwait vor Wiederaufnahme der gemeinsamen Ölförderung

Saudi - Arabien und Kuwait teilen sich die Ölförderung entlang eines Land - und Seegebiets zwischen den beiden Ländern, der sogenannten neutralen Zone.

Die Produktion in diesem Gebiet liegt seit 2015 aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Nationen danieder. Im Dezember unterzeichneten Saudi-Arabien und Kuwait dann endlich eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding, MOU), um ihre Streitigkeiten zu lösen und die Produktion wieder aufzunehmen. Kuwaits Parlament stimmte gestern zu, das Abkommen mit Saudi-Arabien zu ratifizieren, was eine weitere Hürde aus dem Weg räumt.

Produktion in der neutralen Zone könnte bereits im März 2020 wieder aufgenommen werden. Die Ölfelder in der Region haben das Potenzial bis zu 500.000 bpd zusätzlich an den Weltmarkt zu bringen.

Selbst wenn in der neutralen Zone in ein paar Monaten die Pumpen arbeiten, sollten Sie nicht mit einer baldigen vollständigen Produktion rechnen. Laut Chevron, das zusammen mit Kuwait Gulf Oil Co. das Wafra-Ölfeld auf dem Festlandsteil der Neutralen Zone ausbeutet, wird es noch mindestens ein Jahr dauern, bis dieses Feld wieder mit voller Kapazität produziert.

3. Coronavirus: Gefahr für die Ölnachfrage?

Das Coronavirus, eine hoch ansteckende Erkrankung der Atemwege, die bereits Hunderte von Menschen in China infiziert hat, wird schon mit dem SARS-Ausbruch im Jahr 2003 verglichen. Ende 2002 und Anfang 2003 sank das chinesische BIP aufgrund von SARS um schätzungsweise 0,5% auf 2,0%.

Die Epidemie behinderte den Flugverkehr und ließ die Nachfrage nach Flugbenzin so stark sinken, dass die gesamte Ölnachfrage Chinas davon betroffen war. Viele Analysten nutzen die SARS-Epidemie als Präzedenzfall, um die Folgen des Coronavirus auf Chinas Ölnachfrage zu antizipieren. In Erwartung eines geringeren Kraftstoffverbrauchs in China verbilligten sich sowohl Brent als auch WTI am Mittwoch um über 2%.

WTI Monatschart

Tatsächlich wird jetzt berichtet, dass die chinesischen Behörden alle Bus- und U-Bahn-Transporte in der Hauptstadt der Provinz Wuhan eingestellt haben, die das Epizentrum des Ausbruchs ist. Sie haben Berichten zufolge auch seit Donnerstag Bahnhöfe und Flughäfen geschlossen.

Es bestehen jedoch erhebliche Unterschiede zwischen der Situation im Jahr 2003 und der aktuellen, die darauf hindeuten, dass die Ölnachfrage möglicherweise nicht so stark vom Coronavirus beeinträchtigt werden dürfte.

Zunächst war SARS tödlicher- als rund 10% der Infizierten starben. Das Coronavirus löst eine Lungenentzündung aus, die tödlich sein kann, aber Medienberichten zufolge scheint das Virus selbst nicht so tödlich zu sein wie SARS.

Zweitens verfolgt China seit mehr als fünf Jahren eine andere Energiestrategie: Es importiert mehr Öl als es verbraucht und verwendet einen großen Teil des Überschusses, um riesige Speicher zu füllen. Infolgedessen ist es durchaus möglich, dass ein Rückgang der Nachfrage nach Flugtreibstoff und Benzin sich nicht in Chinas Gesamtnachfrage nach Rohöl widerspiegelt, wenn das Land weiterhin die gleichen Mengen importiert und ungenutztes Rohöl einfach in seine riesigen Vorratslager abzweigt.

Aus Chinas Sicht ist ein vorübergehender Rückgang des Kraftstoffverbrauchs der Bevölkerung kein Grund, die niedrigen Ölpreise nicht weiter zu nutzen, um die Ölspeicher aufzustocken.

4. Libyen stoppt Ölexporte

Der Konflikt zwischen General Khalifa Haftar, dem Chef der libyschen Rebellengruppe Nationalarmee, und der von den Vereinten Nationen anerkannten libyschen Regierung der Nationalen Einheit (Government of National Accord, GNA) schlägt sich zu Zeit auf die libyschen Ölexporte nieder.

General Haftar, dessen Truppen den Zugang zu einem Großteil von Libyens Ölförderung und der Exportinfrastruktur kontrollieren, hat alle Exporte angehalten, um Druck auf die GNA auszuüben, die alle Einnahmen aus der libyschen Ölförderung erhält. Gemäß TankerTrackers.com exportiert Libyen etwas mehr als 1 Million bpd, hauptsächlich nach Italien, Spanien und Singapur.

Als die Nachricht von dem Halt an den Märkten am Montag einschlug, stieg der Preis für Brent um 1,8%, fiel aber schnell wieder. Bisher fördert die nationale Ölgesellschaft Libyens weiter Öl, es bleibt jedoch in Lagertanks und wird nicht exportiert. Sobald die Speicher voll sind, hat das Unternehmen keine andere Wahl, als die Produktion auf vielleicht nur noch 72.000 bpd zu reduzieren.

Vermittlungsversuche haben sich als erfolglos erwiesen. Angesichts der Tatsache, dass die Maßnahmen von Haftar praktisch keinen Einfluss auf die globalen Ölpreise hatten, sind die Weltmächte jetzt weniger besorgt über die möglichen Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Haftars Aktion könnte möglicherweise etwa 1% der weltweiten Produktion stilllegen, aber die Märkte sind derzeit viel mehr besorgt über die Aussicht auf eine sinkende Nachfrage aus China und dem enttäuschenden Ausblick des IWFs für die Weltwirtschaft in 2020.

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