Hawkisher Kurs der Fed stellt Trumps Geduld auf die Probe

Veröffentlicht am 03.02.2025, 07:38
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Die robuste Konjunktur, der stabile Arbeitsmarkt und die hartnäckige Inflation sind die Hauptgründe, warum die Fed bislang keine Zinssenkungen vorgenommen hat.

Die ablehnende Haltung der Notenbank könnte auch ein Signal an Präsident Trump sein: Die Fed zeigt damit, dass sie unabhängig bleibt und sich politischen Einflüssen nicht beugt. Klar ist aber auch, dass die Entscheidungsträger erst dann über Zinssenkungen nachdenken werden, wenn die Wirtschaftsdaten eine deutliche Abschwächung zeigen. Wir gehen davon aus, dass dieser Moment kommen wird – allerdings nicht vor Juni.

Fed belässt Zinssatz bei 4,25 – 4,5 %

Die letzte Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) brachte keine Überraschungen: Die Fed ließ den Leitzins einstimmig im Zielband von 4,25 bis 4,5 %. Nach den Zinssenkungen um 100 Basispunkte in den letzten vier Monaten des Jahres 2024 hatte die Fed bereits angedeutet, dass sie eine Pause einlegen würde, um die bisherigen Maßnahmen zu bewerten. Zudem möchte sie abwarten, wie sich die wirtschaftspolitischen Vorstöße von Präsident Trump auswirken.

Interessant ist die Wortwahl in der begleitenden Erklärung: Sie deutet klar darauf hin, dass weitere Zinssenkungen nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Wirtschaftsdaten eine eindeutige Abschwächung zeigen. Zwar betont die Fed weiterhin, dass das Wirtschaftswachstum „solide“ sei, doch der Hinweis, dass die Inflation Fortschritte in Richtung des 2 %-Ziels gemacht habe, wurde gestrichen. Stattdessen heißt es nun, die Inflation „bleibt etwas erhöht“.

Fed-Chef Jerome Powell versuchte jedoch, die Bedeutung dieser Formulierung bei der Pressekonferenz herunterzuspielen. Er betonte, dass sich die Arbeitslosigkeit „stabilisiert“ habe und der Arbeitsmarkt weiterhin „solide“ sei. Im Dezember klang das noch etwas anders – damals hieß es, der Arbeitsmarkt habe sich „allgemein entspannt“.

Zielkorridor für die Fed Funds und Markterwartungen

Zielkorridor der Fed Funds
Quelle: Macrobond, Bloomberg, ING (AS:INGA)

Präsident Trump will niedrigere Zinssätze

Die Federal Reserve wird sich wohl erneut mit Kritik von Präsident Trump auseinandersetzen müssen. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos machte er letzte Woche deutlich: "Wenn die Ölpreise fallen, werde ich fordern, dass die Zinssätze sofort gesenkt werden – und das sollte überall auf der Welt geschehen." Doch unter der Führung von Jerome "Jay" Powell, dessen Amtszeit im nächsten Jahr endet, wird die Fed nur dann handeln, wenn es mit ihrem geldpolitischen Mandat vereinbar ist.

Die jüngsten Prognosen der Fed aus dem Dezember deuten zwar auf eine vorsichtige Lockerung hin – zwei Zinssenkungen werden für dieses Jahr erwartet –, aber es bleibt abzuwarten, wie stark externe Faktoren diese Einschätzung beeinflussen werden. Trumps wirtschaftspolitische Ausrichtung mit Steuersenkungen und weniger Regulierung könnte das Wachstum weiter ankurbeln. Gleichzeitig könnten Zölle und strengere Einwanderungskontrollen die Inflation anheizen.

Bei einer Arbeitslosenquote von etwas über 4 % und einer Kerninflation von rund 3 % spricht vieles dafür, dass die Fed zunächst abwartet. Dies bestätigte auch Powell in seiner jüngsten Pressekonferenz: "Wir haben es nicht eilig, unseren geldpolitischen Kurs zu ändern."

Langsamere und kleinere Schritte der Fed

Wir hatten ursprünglich drei Zinssenkungen der Fed für 2025 prognostiziert – im März, Juni und September. Diese Einschätzung hing jedoch stark von Trumps politischer Agenda und der weiteren Entwicklung der Wirtschaftsdaten ab. Nach wie vor sind wir zuversichtlich, dass die Inflation in den kommenden Monaten weiter nachlassen wird, vor allem aufgrund der abnehmenden Dynamik bei den Wohnkosten.

Zudem erwarten wir, dass die kommenden Benchmark-Revisionen der Beschäftigungszahlen einen schwächeren Arbeitsmarkt aufzeigen könnten als bislang angenommen. Doch die Situation bleibt volatil: Trumps jüngste Ankündigungen, Zölle von 25 % auf Importe aus Mexiko und Kanada sowie 10 % auf chinesische Waren zu erheben, könnten das Bild schnell verändern. Powell selbst betonte: "Wir wissen nicht, was mit den Zöllen, der Einwanderung, der Steuerpolitik und der Regulierungspolitik passieren wird."

Angesichts dieser Unsicherheiten und der vorsichtigen Haltung der Fed rechnen wir nun mit einem moderateren Zinssenkungspfad: Zwei Senkungen um jeweils 25 Basispunkte in der zweiten Jahreshälfte 2025 und eine weitere zu Beginn des Jahres 2026. Gleichzeitig erkennen wir an, dass die Bandbreite möglicher Entwicklungen derzeit größer ist als je zuvor.

US-Staatsanleihen geraten unter Druck, Zinssenkungshoffnungen und QT-Ende bleiben im Hintergrund

Es ist offensichtlich, dass die Inflation für die Fed weiterhin ein Thema bleibt. Zwar nicht mehr so akut wie in der Hochphase, aber das Problem ist längst nicht vom Tisch. Die Entwicklung der Treasuries in den letzten Monaten spiegelt genau diese Unsicherheit wider. Die Inflation liegt aktuell bei rund 3 %, was erklärt, warum der Leitzins nicht auf das neutrale Niveau von 3 % zurückkehrt und die Renditen der 10-jährigen Staatsanleihen über 4,5 % verharren. Die Stimmung bei US-Staatsanleihen bleibt daher verhalten.

Ob das schon der Auftakt für einen erneuten Bärenmarkt bei Treasuries ist, bleibt abzuwarten. Noch sind wir nicht überzeugt.

Das mögliche Ende des Quantitative Tightening (QT) bis zur Jahresmitte – was wir für wahrscheinlich halten – fand in der knappen Erklärung des FOMC keine Erwähnung. Vielleicht ist es für das Offenmarktausschuss derzeit kein vorrangiges Thema, aber hinter den Kulissen wird es sicher diskutiert.

Ein zentrales Problem bleibt die Überschussliquidität, definiert als Summe aus Bankreserven und Reverse-Repo-Guthaben. Es ist abzusehen, dass diese Liquidität ab Mitte 2025 ein Niveau erreicht, das die Fed nicht weiter unterschreiten möchte. Hier spielt auch die Entwicklung der Schuldenobergrenze eine Rolle. Der kritische Punkt liegt bei Bankreserven in Höhe von 3 Billionen USD, was etwa 10 % des BIP entspricht. Derzeit bewegen wir uns bei etwa 3,3 Billionen USD. Bei einer monatlichen QT-Reduktion von 60 Milliarden USD würden die Reserven weiter sinken – ein Szenario, das die Fed vermeiden möchte, bevor es zu Liquiditätsengpässen kommt.

Trotzdem wollte die Fed das bevorstehende Ende des QT nicht in den Mittelpunkt rücken. Dass es irgendwann endet, steht außer Frage. Doch derzeit überlagert die anhaltende Inflation die Debatte über geldpolitische Anpassungen. Selbst wenn Jerome Powell mit seinem gewohnt ruhigen Auftreten versucht, die Märkte zu beruhigen, bleibt der Druck bestehen. Die nächste Zinssitzung könnte daher entscheidend sein, um zu sehen, ob die Fed die Zügel weiter festhält – oder erste Signale für eine Lockerung gibt.

USD leicht gestiegen

Eine Erklärung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (FOMC), die auf eine straffere Geldpolitik hindeutet, hat den USD leicht nach oben getrieben – im Einklang mit den steigenden Renditen.

Allerdings ist dieser Anstieg kaum mit den starken Marktreaktionen nach der Kommunikationsänderung der Fed im Dezember vergleichbar, die den USD-Index (DXY) Anfang Januar auf ein Hoch von 110 schob. Der aktuelle Aufschwung des USD wirkt dagegen eher flüchtig und zeigt bereits Anzeichen einer Abkühlung.

Der Fokus am Devisenmarkt dürfte sich ohnehin bald verlagern: Wichtiger als die jüngsten Signale der Fed werden die nächsten Inflationszahlen sein. Darüber hinaus werden die Auswirkungen der US-Zölle auf Importe aus Kanada, Mexiko und China zunehmend in den Vordergrund rücken.

Die Bank of Canada versucht bereits, die Folgen der 25%igen US-Zölle auf kanadische Waren sowie die entsprechenden Vergeltungszölle Kanadas zu bewerten. Ihr Ergebnis: Das kanadische Wirtschaftswachstum könnte im ersten Jahr um 2,5 % unter den bisherigen Prognosen liegen. Gleichzeitig wird erwartet, dass der Verbraucherpreisindex im dritten Jahr um 1 % über den bisherigen Erwartungen liegt – ein klares Zeichen für inflationsgetriebene Belastungen.

Ein weiterer Bericht in dieser Publikation schätzt, dass von dem 7%igen Anstieg des Währungspaares USD/CAD seit Oktober etwa 6% auf eine gestiegene Risikoprämie zurückzuführen sind. Anders gesagt: Die Androhung von Zöllen war ein zentraler Treiber der jüngsten Kursbewegungen – und wird es wohl auch bleiben. Auch die bevorstehende US-Handelsüberprüfung im April sorgt für Unsicherheit und könnte den USD in den nächsten Monaten auf einem höheren Niveau halten.

Fazit: Aktuell sind Zölle der entscheidende Einflussfaktor am Devisenmarkt, nicht die Zinsdifferenzen. Eine eher restriktive Fed-Politik könnte dem Markt dennoch Rückenwind geben – insbesondere in einem Umfeld, in dem der Dollar ohnehin übergewichtet ist.

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