Öl ist heute Morgen zurückgekommen, nachdem sein Preis am Freitag um 6,66% eingebrochen war und damit den höchsten Tagesverlust in drei Jahren erlitten hatte.
Allerdings hatte sich Öl schon vor dem Einbruch am Freitag in einem Bärenmarkt befunden, da sein Preis seit Ende Oktober immer weiter gesunken ist und zu guter Letzt die längste Verlustserie bei WTI seit Beginn der Aufzeichnungen durchgemacht hat. Das Aufbäumen von heute könnte die Händler sich fragen lassen, ob diese Umkehr der Beginn von guten Nachrichten sein könnte, nachdem es wochenlang nur negative Schlagzeilen gegeben hatte.
Wir sind nicht wirklich optimistisch. Nichts hat sich an den Ölmärkten wesentlich geändert, weder fundamental noch technisch. Es bleibt bei unserem negativen Ausblick.
Fundamental besehen, hat sich das Angebot beständig erhöht, während von der Nachfrage ein weiterer Rückgang erwartet wird, zusammen mit einer Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums dank des andauernden Handelskriegs, den US-Präsident Donald Trump mit China führt. Hinzu kommt, die Konjunktur in China und Deutschland kühlt sich ohnehin schon ab. Und dann gibt es natürlich Trumps sehr gut sichtbare Anstrengungen auf Twitter, die Saudis zu zwingen, die Ölpreise weiter sinken zu lassen.
Und während all dem, steht im Hintergrund der an Schwung verlierende Bullenmarkt, der schon jetzt der längste aller Zeiten ist, zusammen mit Umstand, dass wir am Ende eines Konjunkturzyklus angelangt sind und die Zinssätze steigen. Letztere sollten auch dem Dollar unter die Arme greifen, was ein weiterer Gegenwind für die Ölpreise wäre. Wohin werden die Ölpreise also von hier aus gehen.
Technisch gesehen, befindet sich Öl in einem Bärenmarkt, seit sein Preis 20% unter sein Hoch vom 3. Oktober von 76,90 USD fiel. Mittlerweile steht es mehr als 33% von diesem Hoch entfernt.
Die 50-Tagelinie ist unter die 200-Tagelinie gefallen und hat damit ein Todeskreuz gebildet, ein technischer Meilenstein, der sogar von Anhängern der Fundamentalanalyse anerkannt wird. Auf Wochenbasis fiel der Kurs unter die 200-Wochenlinie.
Allerdings, da der Absturz so hart war—mit einem Abschwung in sieben von sieben Wochen—gab es keine Möglichkeit für den Preis, die erforderlichen zwei absteigenden Gipfel und Täler zu zeigen, um einen Langzeitabwärtstrend auszuformen. Dieses Kriterium für einen Langzeittrend ist keineswegs puristisch oder willkürlich.
Stattdessen sind ihre wesentliche Dynamiken im Spiel. Aus einer technischen Perspektive demonstrieren rückläufige Gipfel und Täler, dass alle Stop-Losses, Aufträge und Short-Liquidationen ausgelöst worden sind und der Weg nun frei ist, damit der Trend sich fortsetzen kann. Vom psychologischen Standpunkt her, bedeutet es, dass die irregeleiteten Bullen für ihre Starrköpfigkeit bestraft wurden und sich nun angenommenerweise aus dem Markt verabschiedet haben, während die Bären für ihre korrekte Einschätzung belohnt wurden und sich ermutigt sehen, weiterzumachen. Auch können sich die Bullen in Bären wandeln und so den Druck auf die Preise verschärfen.
Allerdings bedeutet das nicht, dass der überwältigend negative Ausblick nicht auch einige Chancen für konträre Investoren offeriert. Short-Verkäufer können immer noch Gewinne realisieren und damit das Angebot vermindern. Risikobereite Anleger könnte das eisige Wasser testen, um zu sehen wie tief der Boden ist, indem sie kleinere Long-Positionen eingehen. Und schließlich handelt es sich bei 50 Dollar um eine kritische psychologische Marke, der viel Aufmerksamkeit zuteilwerden und die daher Nachfrage generieren dürfte.
Es gibt einige wenige technische Indikatoren, die Argumente für eine Erholung liefern, wenn auch nur eine bescheidene. Der RSI hat ein Aufwärtsmomentum, da er zwei aufsteigende Gipfel und Täler verzeichnet hat. Das Bollinger® Band ist in über einem Monat extrem gedehnt worden und die Konvergenz der drei großen Durchschnittslinie signalisiert häufig Volatilität, was nach einem Rückgang eine Aufwärtsbewegung nahelegen würde.
Handelsstrategien
Konservative Händler sollten abwarten, bis der langfristige sich dem mittelfristigen Trend angleicht, wenn entweder der mittelfristige Trend über das Oktoberhoch steigt oder der langfristige Trend sich durch eine Serie von zwei absteigenden Gipfeln und Tälern nach unten wendet.
Moderate Händler könnten einen Short auf den mittelfristigen Trend wagen, nach einer Korrektur in Richtung 60 USD, wo ein Zusammenfluss technischer Widerstandsfaktoren entsteht und das auch eine runde psychologische Zahl ist, eine gebrochene langfristige Aufwärtstrendlinie und ein mittelfristiger Abwärtstrend, der seit dem Hoch im Oktober besteht.
Beispielposition:
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Einstieg: 57,50 USD, Widerstand auf dem Korrekturgipfel vom 16. November
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Stop-Loss: 60 USD, oben beschriebener Zusammenfluss von Widerständen
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Risiko: 2,50 USD – zugegebenermaßen größer als bei unseren bisherigen Wetten, aber da die Entwicklung eindeutig nach unten zeigt, wollen wir die Position nicht umgehend durch einen “billigen” Stop-Loss riskieren.
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Ziel: 50 USD, runde psychologische Zahl
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Risiko-Gewinn-Verhältnis: 1:5
Aggressive Händler könnten eine Long-Position riskieren, für den Fall eines Rücksetzers, als die Marktkräfte sich nach einer möglicherweise übertriebenen Preisbewegung neu ausrichten. Danach könnten sie die oben beschriebene Short-Position für moderate Händler aufmachen.
Beispielposition:
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Einstieg: 51 USD
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Stop-Loss: 50 USD, unter dem Tief von gestern und runde Zahl
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Risiko: 1 USD
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Ziel: 55 USD, Unterstützung vom Preis vom 13. - 19. November, der sich am 21. bis 23. November zu einem Widerstand wandelt.
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Gewinn: 5 USD
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Risiko-Gewinn-Verhältnis: 1:5